Nie wieder freie Fahrt?

Pünktlich zur Ferien- und Reisezeit kocht Verkehrsminister Tiefenseedas Thema wieder hoch: Soll man LKW das Überholen verbieten? Der Vorstoß von Minister Tiefensee stößt auf geteiltes Echo der Experten.
von  Abendzeitung
Elefantenrennenn auf der Autobahn: Hilft ein generelles LKW-Überholverbot?
Elefantenrennenn auf der Autobahn: Hilft ein generelles LKW-Überholverbot? © dpa

Pünktlich zur Ferien- und Reisezeit kocht Verkehrsminister Tiefenseedas Thema wieder hoch: Soll man LKW das Überholen verbieten? Der Vorstoß von Minister Tiefensee stößt auf geteiltes Echo der Experten.

Es ist ein Stich ins Wespennest: Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee macht sich Gedanken um den Verkehrsfluss, und prompt schreien die Lobbys auf: Ein Überholverbot von LKW auf Autobahnen werde „zu einer Verteuerung der Waren führen“, sagt der Vize-Präsident des deutschen Speditionsund Logistik-Verbands (DSLV). Wenn ein langsamer, alter LKW die anderen blockiere, „dann führt das zu höheren Transportkosten“, sagt Manfred Boes vom DSLV.

Für zahlreiche Autofahrer ist das eine schlechte Nachricht. Und wenn sie wieder mal hinter einem 81 Stundenkilometer schnellen LKW herzockeln, der einen 80 Stundenkilometer schnellen Kollegen rechts neben ihm überholt, dann können sie sich fragen: Was sagen eigentlich die Fachleute dazu.

„Schritt in die richtige Richtung“

Professor Gert Marte von der Vereinigung unabhängiger Verkehrswissenschaftler hält Tiefensees Vorschlag für einen „Schritt in die richtige Richtung“. Wenn der Transport auf der Straße verlangsamt werde, gewinne der Transport auf anderen Wegen an Attraktivität. Außerdem sei nicht auszuschließen, dass sich der Verkehr auf der linken Spur beschleunige. „Es herrscht großer Handlungsbedarf.

Wir erwarten eine Zunahme de PKW-Verkehrs um 20 Prozent, bei LKW gar um 40 Prozent.“ Martes Kollege Karl-Hans Hartwig bezweifelt eine Wirksamkeit eines generellen Überholverbots für LKW: „Wenn die Laster Stoßstange an Stoßstange rechts fahren, kommen sie vielleicht bei Abfahrten als normaler PKW nicht mehr rechts rüber“, meint der Verkehrswissenschaftler von der Uni Münster. Umgekehrt stelle sich das gleiche Problem bei Auffahrten: „Da ist dann eineWand von LKW links von Ihnen.“

Zweite Idee sei besser

Um den Verkehrfluss zu lenken, sei Tiefensees zweite Idee die bessere. Der SPD-Minister hatte auch eine auslastungsabhängige LKW-Maut nach Stauaufkommen angeregt. Zu Deutsch: „Da, wo es sich häufiger staut, soll es für LKW teurer sein“, so Hartwig. „Das geht nach dem Gesetz von Angebot und Nachfrage“ sagt Hartwig. „Jedes Hotel macht das so, und die Bahn auch“.

Im übrigen werde die Zeit kommen, dass auch die PKWFahrer zur Kasse gebeten würden. „Die Zuwachsraten sind enorm“, die Politik müsse da etwas tun, auchwenn es unpopulär ist. „Staukosten sind auf Dauer zu teuer“, sagt der Fachmann: „Das ist ja nicht nur das Benzin und das CO2“, meint Hartwig. Viel teuer sei der Zeitverlust, den die Menschen im Stau erleiden: „das ist im Urlaub zwar ärgerlich, aber längst nicht schlimm wie im Berufsverkehr.“

Positive Erfahrungen

Erfahrungen mit generellen LKW-Überholverboten gibt es übrigens schon. Auf der Brenner- Autobahn zwischen Innsbruck und der italienischen grenze auf dem Brenner herrscht auf 40 Kilometer Überholverbot: „Wir haben damit sehr gute Erfahrungen gemacht“, sagt Alexander Holzedl von der Betreibergesellschaft Asfinag: „Im zweispurigen Bereich ist Überholverbot und im dreispurigen ist die linke Spur für LKW tabu“.

Grund dafür sei unter anderem das Gefälle. Zwar gebe es öfter Staus. „Aber das ist auf einer der verkehrsreichsten Strecken Europas kein Wunder“, sagt Holzedl. Und einen Zusammenhang mit dem LKW-Überholverbot vermag er nicht zu erkennen.

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