Neuer Ministerpräsident: Söder erfindet sich neu

Seit 35 Jahren ist Markus Söder CSU-Mitglied. Mit Fleiß und noch mehr Ehrgeiz hat er sich nach oben gearbeitet. Doch ist das schon die letzte Stufe auf der Karriereleiter?
von  Marco Hadem
"Markus Söder persönlich" – so heißt die Veranstaltungsreihe, mit der der Ministerpräsident in spe durch Bayern tourt.
"Markus Söder persönlich" – so heißt die Veranstaltungsreihe, mit der der Ministerpräsident in spe durch Bayern tourt. © Andreas Gebert/dpa

München - Schon in wenigen Tagen wird Markus Söder bayerische Geschichte schreiben: Wenn der 51-jährige Franke am Freitag (16. März) im Landtag in München zum Ministerpräsidenten gewählt wird, ist er der jüngste Regierungschef in der Geschichte des Freistaates. Er löst damit niemand geringeren ab, als sein Vorbild Edmund Stoiber, der 1993 bei seiner Wahl 52 Jahre alt war. Sein zweites CSU-Vorbild, Franz Josef Strauß, hatte Söder übrigens als Jugendlicher als Poster überm Bett kleben.

Es ist ein Randaspekt, zweifelsohne – aber es illustriert sehr gut, was derzeit in der CSU passiert. Denn mit Söder hat sich die Landtagsfraktion einen Nachfolger für den ihr am Ende fremd gewordenen Horst Seehofer auserkoren, der viele Parallelen zu Stoiber hat: Auch er soll einen neuen Politikstil etablieren, die absolute Mehrheit verteidigen und damit die CSU in einer sich wandelnden Parteienlandschaft mit der rechtskonservativen AfD behaupten. Aber wer ist eigentlich dieser Markus Söder?

Söder genießt schon lange bundesweite Bekanntheit – und dies nicht nur in Talkshows und nicht erst, seit er einen eigenen Wechsel nach Berlin ausschlug. Seit 1983 ist der Jurist CSU-Mitglied, von 1995 bis 2003 war er Chef der Jungen Union Bayern. Seit 1994 ist er Landtagsabgeordneter, seit 1995 Teil des Präsidiums, von 2003 bis 2007 war er Generalsekretär unter Stoiber ("mein Mentor und eine politische Vaterfigur"), seit elf Jahren im Kabinett – erst zuständig für Europapolitik, dann für Umwelt und seit 2013 für Finanzen.

Ein "pathologischer Ehrgeiz" und "zu viele Schmutzeleien"

Durch markige Aussagen hat sich der vierfache Vater das Image des Hardliners erworben. Kritiker sehen ihn daher als Scharfmacher, und Rechtsaußen. "Diese Kritik muss man wegstecken können. Wer mich kennt, weiß, dass mich diese Beschreibungen nicht richtig charakterisieren", sagt Söder.

Mit CSU-Chef Seehofer verbindet Söder eine lange gemeinsame Wegstrecke, die sich beide nach eigenen Worten gegenseitig nicht leicht gemacht haben. Immer wieder sind sie in vergangenen Jahren aneinandergeraten, inhaltlich wie persönlich. Vor Jahren warf Seehofer Söder "charakterliche Schwächen", einen "pathologischen Ehrgeiz" und "zu viele Schmutzeleien" vor.

Wer Söder seit der für die CSU verheerenden Bundestagswahl erlebt, wird Zeuge einer Metamorphose: Der neue Söder ist leiser. Nicht nur wenn er spricht, sondern auch in dem, was er sagt – verbale Angriffe sucht man vergebens. Mancher in der CSU attestiert ihm einen landesväterlichen Duktus. So schweigt Söder während der monatelangen Geduldsprobe bis zu seiner Wahl zum Ministerpräsidenten, schluckt allen Ärger über Seehofers in die Länge gezogenen Zeitplan für den Wechsel nach Berlin runter. Niemand soll das Gefühl bekommen, es gehe ihm nur um die Karriere. Wie einst Stoiber thematisiert er lieber die Sorgen der "kleinen Leute".

Seit wenigen Wochen ermöglicht Söder Interessierten einen wohl dosierten Einblick in sein Privatleben. Und dies nicht irgendwo, sondern in Kinosälen. Das Kalkül: Um bei der Landtagswahl eine Chance auf die absolute Mehrheit zu haben, darf Söder nicht nur um die zur AfD gewechselten Wähler kämpfen, er muss auch für liberalere Milieus wählbar werden. Nach dem Motto: Wer Sorge hat, am 14. Oktober sein Kreuz bei einem Hardliner zu machen, kann dies bei einem einst mittelmäßigen Schüler mit Einser-Abitur, Fan von Hunden, Science-Fiction und ausgefallener Faschingsverkleidung sowie bekennenden Christen vielleicht eher.

Für alle Wähler, die nach Inhalten suchen, hat Söder auch einiges parat. Im Januar präsentierte er seine erste Agenda. Darin kündigt er nicht nur einen millionenschweren Kraftakt gegen Wohnungsnot an, im Freistaat soll es bald auch wieder eine Grenzschutzpolizei geben.

"Ich habe den Willen, was zu verändern", sagt Söder. Wohin ihn die Strategie führen wird, bleibt abzuwarten. Für Seehofer scheint die Verteidigung der absoluten Mehrheit durchaus möglich: "Vielleicht gelingt uns auch etwas, was in den letzten fünf Monaten nicht so wahrscheinlich war", sagt er und setzt Söder damit unter Druck. Der schweigt dazu. Söder weiß aber: Wenn ihm das gelingt, dürfte auch der CSU-Chefsessel irgendwann auf ihn zukommen.

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