Neuer Euro-Vertrag: 17 dafür, 9 vielleicht, Briten alleine

Mit einer strikten Haushaltskontrolle nach deutschem Vorbild will Europa die Schuldenkrise in den Griff bekommen und den Zerfall des Euro abwenden.
dpa |
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Mit einer strikten Haushaltskontrolle nach deutschem Vorbild will Europa die Schuldenkrise in den Griff bekommen und den Zerfall des Euro abwenden. Der Eingriff in die Budgethoheit der Länder ist ohne Beispiel - auch wenn eine gemeinsame Lösung aller 27 EU-Staaten an den Briten scheiterte.

Brüssel - Nach einem nächtlichen Kraftakt einigte sich die Mehrheit der EU-Staaten auf dem Gipfel in Brüssel am Freitag, einen zwischenstaatlichen Vertrag über die Einführung einer Schuldenbremse und automatische Sanktionen gegen Schuldenstaaten anzustreben. Neben den 17 Euroländern erklärten laut Abschlusserklärung auch neun Nicht-Euroländer ihre grundsätzliche Bereitschaft dazu - machten konkrete Schritte aber von der Zustimmung ihrer nationalen Parlamente abhängig. Nur das Nicht-Euroland Großbritannien zieht nicht mit.

Damit legt die EU die Grundlage für ein weiteres Eingreifen der Europäischen Zentralbank (EZB), wie es - gegen deutschen Widerstand - von vielen Ländern gefordert wird. EZB-Präsident Mario Draghi macht einen solchen verbindlichen Pakt zur Voraussetzung dafür, dass die Zentralbank etwa massiv Anleihen angeschlagener Staaten wie Spanien und Italien kauft, um ihre Zinsen niedrig zu halten.

Bundeskanzlerin Angela Merkel lobte den Kompromiss als "sehr gutes Ergebnis" und sprach von einer "Stabilitätsunion" - ihrem bereits vor dem Gipfel erklärten Ziel.

Doch nach Ansicht von Diplomaten spaltet das Vorgehen die EU und entwickelt sie weiter in Richtung eines Europa der zwei Geschwindigkeiten. Großbritannien sieht sich aber nicht isoliert. "Was geboten wird, ist nicht im Interesse Großbritanniens, deshalb habe ich nicht zugestimmt", erklärte der konservative britische Premierminister David Cameron, der unter massivem Druck seiner Europa-skeptischen Partei steht.

Experten fürchten jedoch, dass das anstehende Vorgehen zahlreiche rechtliche Probleme birgt, weil die Bestimmungen des künftigen neuen Vertrages den Regeln des bestehenden Lissabon-Vertrags nicht widersprechen dürfen.

EU-Gipfelchef Herman Van Rompuy zeigte sich nach der zehnstündigen Nachverhandlung erleichtert: "Wir haben mit 17 und vielen anderen einen neuen Haushaltspakt." Der Vertrag solle Anfang März unterschrieben werden.

Europa will unter dem Druck der Finanzmärkte mit dem Pakt seinen unbedingten Willen demonstrieren, seine Schulden abzubauen und zu sparen - und so verlorengegangenes Vertrauen zurückgewinnen. Die Umsetzung der Schuldenbremse in den Nationalstaaten soll vom Europäischen Gerichtshof überwacht werden.

Die 27 Staats- und Regierungschefs vereinbarten zudem kurzfristige Maßnahmen. So soll der Internationale Währungsfonds (IWF) von den Zentralbanken um 200 Milliarden Euro aufgestockt werden, mit denen er Eurostaaten in Not beistehen kann. Die Ausleihkapazität des Krisenfonds für klamme Eurostaaten (EFSF) wird mit einem Kredithebel auf etwa 750 Milliarden Euro verdreifacht. Der dauerhafte Krisenfonds ESM soll um ein Jahr auf Juli kommenden Jahres vorgezogen werden.

Die EU gesteht ein, dass die Einbeziehung von Banken und Versicherungen bei der Rettung Griechenlands ein Fehler war. Dieses Verfahren soll nicht mehr für andere Länder angewendet werden, da es zur Verunsicherung der Märkte führte, heißt es in der Erklärung.

Die Finanzmärkte reagierten nervös und abwartend. Der deutsche Aktienindex Dax tendierte um seinen Stand vorm Vortag. Auch der Euro lag zum US-Dollar kaum verändert bei etwa 1,3337 Euro.

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