Neuer Bundespräsident Wulff: Im Schloss Brücken bauen
BERLIN - Jetzt ist er offiziell im Amt: Christian Wulff ist nun als Bundespräsident vereidigt. Am Mittwoch war der frühere niedersächsiche Ministerpräsident von der Bundesversammlung in das höchste Staatsamt gewählt worden.
Er brauchte zwei Anläufe: „Entschuldigung“, unterbrach sich Christian Wulff bei seinem Amtseid im Bundestag: „Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des Deutschen Volkes widmen...“ Beim ersten Versuch war dem 51-Jährigen das zweite „Ich“ entfallen. Es war der einzige kleine Makel an der Amtseinführung des zehnten Bundespräsidenten. Nach Wahlkrimi und Kritik waren vor allem Kanzlerin und Minister auf der Regierungsbank erleichtert, dass sonst alles glatt ging.
Bundesratspräsident Jens Böhrnsen (SPD), der in den Wochen nach dem Rücktritt von Horst Köhler das Amt des Bundespräsidenten vorübergehend wahrgenommen hatte, wünschte Wulff „alles Gute“.
Wulff sagte in seiner Antrittsrede, er sei dankbar dafür, „nun in diesem Amt dienen zu dürfen“. Ausdrücklich wandte er sich an seinen Herausforderer Joachim Gauck. Wulff forderte den SPD- und Grünen-Kandidaten auf, auch künftig über seine Erfahrungen mit der SED-Diktatur zu berichten. „Das tut besonders denen gut, die das SED-Unrecht erlitten und die Selbstbefreiung der Menschen in der DDR erstritten haben, und es ist unersetzlich für die Jüngeren, die Ihnen zuhören – und verstehen.“
Unter den Augen seiner Frau und seiner 16-jährigen Tochter aus erster Ehe gab sich Wulff als Brückenbauer. „Mir ist es wichtig, Verbindungen zu schaffen: zwischen Jung und Alt, zwischen Menschen aus Ost und West, Einheimischen und Zugewanderten, Arbeitgebern, Arbeitnehmern und Arbeitslosen, Menschen mit und ohne Behinderung.“ Und: „Ich will helfen, über all das hinweg Brücken zu bauen“, sagte der Bundespräsident.
Unabhängig von Herkunft und Wohlstand müssten alle Menschen gleich gute Bildungschancen erhalten und die Bürger „weniger danach fragen, wo einer herkommt, als wo er hinwill“.
Er verteidigte das Parteiensystem: Die politischen Parteien seien viel besser als ihr Ruf. Der Bundespräsident dankte seinen Gegenkandidaten Joachim Gauck und Luc Jochimsen für den „fairen Wettstreit“. Seine Arbeit werde nicht leicht sein., meinte Wulff. „Es gibt Vorurteile gegeneinander, Bequemlichkeiten und Anspruchsdenken.“
Das neue Staatsoberhaupt äußerte sich auch zu aktuellen Themen. Es müsse Vorsorge getroffen werden, dass sich eine solche Wirtschafts- und Finanzkrise nicht wiederholen könne. „Darum ist es wichtig, die Verursacher der Bankenkrise in Haftung zu nehmen und den Finanzmärkten endlich gute Regeln zu geben.“
Besonders würdigte Wulff das Engagement seines Vorgängers Horst Köhler, der Ende Mai von seinem Amt zurückgetreten war und im Plenum saß. Köhler habe gemeinsam mit seiner Frau Luise Deutschland „in der Welt würdig und erfolgreich repräsentiert“, sagte Wulff. Er habe den Menschen zugehört und ihre Sorgen und Nöte ernst genommen. Zugleich habe er deutlich ausgesprochen, wenn er „mit den Ergebnissen von politischen, gesetzgeberischen und medialen Prozessen nicht zufrieden waren“.
Am Abend sollte Wulff Gastgeber für 5000 Geladene beimSommerfest des Bundespräsidenten in Schloss Bellevue sein.
Das abrundende Schlusswort hatte Bundestagspräsident Norbert Lammert: „Wenn morgen ein bestimmtes Fußballspiel so ausgeht, wie die meisten von Ihnen und uns das erhoffen, dann hätten wir eine rundum denkwürdige, erfolgreiche Woche hinter uns.“