Neuer Atomkraftskandal: Strahlende Lauge in Asse
SALZGITTER/BERLIN - Ein neuer Vorfall in dem einsturzgefährdeten Atommüll-Lager heizt die Debatte um die Nuklear-Energie wieder an. Jetzt schlägt Deutschlands oberster Strahlenschützer Alarm: "Die Zustände sind unzumutbar."
Ein Zwischenfall im Atommüllager Asse sorgt für neuen Zündstoff in der Atomdebatte: Bei einem Kontrollgang durch das marode Salzbergwerk in Niedersachsen stellten Prüfer in 900 Metern Tiefe bis zu 1500 Liter radioaktiv belastete Lauge fest. Der Präsident des Bundesamts für Strahlenschutz, Wolfram König, zeigte sich von dem Fund zwar nicht überrascht – aber trotzdem alarmiert. Die Zustände in dem Atomlager seien „unzumutbar“. Weil täglich 12000 Liter Grundwasser in das Bergwerk hinein fließen, sei die Standsicherheit der Anlage bedroht. König: „Das ist die eigentliche Herausforderung, vor der wir stehen.“
Eine akute Gesundheitsgefahr geht von dem Laugenfund aber nach Behördenangaben nicht aus. Er stammt aus Stollen unterhalb des Bergwerks. Dort sollten ursprünglich Versuche für ein Atomendlager stattfinden. Der frühere Betreiber der Anlage hatte offenbar dort Lauge in Hohlräume eingeleitet. Diese wird jetzt durch Verschiebungen in dem Gebirge herausgepresst. Das niedersächsische Umweltministerium hatte schon vergangenes Jahr festgestellt, dass die Lauge dort illegal eingeleitet worden war. Daraufhin wurde dem Helmholtz-Zentrum die Anlage entzogen. Sie untersteht jetzt dem Bundesamt direkt.
Auch Plutonium eingelagert
Asse war weltweit das erste unterirdische Atommüllager. Von 1967 bis 1978 wurden dort 126000 Fässer mit überwiegend schwach- bis mittelstark strahlendem Müll eingelagert. Aber auch Plutonium-Behälter lagern dort. Derzeit wird das Lager für vier Milliarden Euro saniert.
Der Fund verpasste dem Thema Atom auch einen neuen Wahlkampfschub. Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) attackierte die Helmholtz-Gesellschaft scharf: Deren Umgang mit Asse sei „eines der schlimmsten Beispiele für verantwortungslosen Umgang mit dem Thema Atommüll“. Der Bund für Umwelt und Naturschutz verlangte ein Ende der Diskussion um längere Laufzeiten für bestehende Kernkraftwerke. Jedes zusätzliche Jahr verursache 450 Tonnen zusätzlichen Atommüll.
Nochmals atomskeptischer als bislang äußerte sich auch Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU): Er verlangte für das zuletzt wegen Pannen in die Schlagzeilen geratene Atomkraftwerk Krümmel die dauerhafte Schließung. „Krümmel muss abgeschaltet bleiben“, schrieb Wulff in einem Internet-Chat.
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