Neue Proteste in Belarus – Untersuchung nach Todesfall
Minsk (dpa) – Nach der von schweren Fälschungsvorwürfen überschatteten Präsidentenwahl in Belarus (Weißrussland) haben die Proteste in der Hauptstadt Minsk wieder begonnen.
Frauen versammelten sich im Zentrum zu friedlichen Solidaritätsaktionen und bildeten Menschenketten, wie in Kanälen des Nachrichtendienstes Telegram zu sehen war.
Die Aktionen, die bisher vor allem am Abend und in der Nacht liefen, richten sich gegen den autoritären Staatschef Alexander Lukaschenko. Der 65-Jährige hatte sich in einer umstrittenen Präsidentenwahl nach 26 Jahren im Amt zum sechsten Mal in Folge zum Sieger erklären lassen.
In der Nacht zum Donnerstag gab es neue Proteste mit weiteren Festnahmen, allerdings nach Meinung von Beobachtern mit weniger Polizei-Gewalt als an den Vortagen. Die Polizei in der Stadt Gomel bestätigte am Mittwochabend den Tod eines jungen Mannes, der am Sonntag festgenommen worden war.
Die Mutter des 25-Jährigen hatte den Sicherheitskräften Willkür vorgeworfen und sie verantwortlich gemacht für den Tod. Ihr Sohn, der eine Herzkrankheit gehabt habe, sei am Wahlsonntag auf dem Weg zu seiner Freundin festgenommen worden und dann in Polizeigewahrsam im Krankenhaus gestorben. Die Polizei teilte mit, dass die Gerichtsmedizin die Todesursache klären müsse.
Nach Darstellung der Ermittler hatte der Mann an nicht genehmigten Protesten teilgenommen und sei dann mit 10 Tagen Arrest bestraft worden. Sein Gesundheitszustand soll sich im Gewahrsam verschlechtert haben, weshalb er in ein Krankenhaus gekommen sei. Dort starb er den Behördenangaben zufolge.
Deutschland und andere EU-Staaten haben die neue "Repressionswelle" unter Lukaschenko scharf kritisiert. Die EU-Außenminister wollen an diesem Freitag bei einer außerordentlichen Videokonferenz über die Lage in der Ex-Sowjetrepublik beraten. Belarus ist Mitglied in der östlichen Partnerschaft der EU. In der Diskussion ist die Wiedereinführung von Sanktionen gegen Lukaschenkos Machtapparat.
US-Außenminister Mike Pompeo sagte dem von Washington finanzierten Radiosender Radio Free Europa/Radio Liberty, dass auch sein Land neue Sanktionen prüfen könne. "Wir wollen gute Ergebnisse für die Menschen in Belarus und werden entsprechend agieren", sagte er. Die USA und Belarus haben gerade erst wieder diplomatische Beziehungen aufgenommen nach jahrelanger Eiszeit.
© dpa-infocom, dpa:200813-99-147641/6
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