Neue Massenproteste in Syrien und im Jemen
Die Machthaber versuchen es mit halbherzigen Reformen, doch die Wut der Straße bleibt: In Syrien haben auch nach Aufhebung des jahrzehntelangen Ausnahmezustands wieder zehntausende Menschen gegen das Regime protestiert.
Damaskus/Sanaa/Kairo - Bei den Demonstrationen gegen Präsident Baschar al-Assad töteten syrische Sicherheitskräfte am Freitag in den Vorstädten von Damaskus und in Homs mindestens vier Demonstranten. Auch im Jemen versammelten sich wieder Zehntausende im Protest gegen den Langzeit-Präsidenten Ali Abdullah Salih.
Einer der in der syrischen Stadt Homs Getöteten war ein 17-Jähriger, berichtete die Opposition auf ihren Webseiten. Auch in anderen Städten des Landes gingen nach dem Mittagsgebet erneut zehntausende Menschen auf die Straße, um Demokratie und einen Regimewechsel zu fordern. In der südlichen Stadt Daraa wurden 50 Demonstranten durch Schüsse verletzt, berichteten Aktivisten.
In der syrischen Hauptstadt Damaskus setzten die Sicherheitskräfte Tränengas gegen die Kundgebungsteilnehmer ein, sagten Augenzeugen. Assad hatte am Tag zuvor den seit 1963 geltenden Ausnahmezustand aufgehoben. Die Demonstranten verlangten am Freitag die Freilassung tausender politischer Gefangener, die bislang nicht von den halbherzigen Reformen des Präsidenten profitieren konnten.
Wie schon in den vergangenen Wochen trotzten die Demonstranten den Drohungen und Einschüchterungsversuchen des Regimes. Zwar setzte Assad am Donnerstag auch ein neues Versammlungsgesetz in Kraft, welches Demonstrationen legal macht, wenn sie vom Innenministerium genehmigt sind. Doch hatte das Gewalt-Ressort den Bürgern schon vor drei Tagen eingeschärft, sich von Demonstrationen fernzuhalten. Die Kundgebungen am Freitag konnten allein schon wegen der vorgeschriebenen Einreichungsfristen keine Genehmigungen erhalten.
Der Gewalt der Sicherheitskräfte fielen in Syrien seit Beginn der Proteste vor mehr als einem Monat rund 250 Menschen zum Opfer. Hunderte weitere wurden verletzt und verhaftet. Die Regime-Gewalt hat die Demonstranten radikalisiert. Verlangten die Proteste bislang nur echte Reformen und Freiheiten, so dominierten am Freitag bereits die Forderungen nach dem Rücktritt Assads und nach einem Regimewechsel.
Auch im Jemen gehen die Massenproteste unvermindert weiter. "Wir werden hier nicht mehr weggehen, bis er geht", sagte ein Geistlicher am Freitag in seiner Predigt zum Mittagsgebet in der südlichen Stadt Taiz. Große Kundgebungen fanden auch in der Hauptstadt Sanaa und anderen Städten statt. In Sanaa demonstrierten in der Nähe des Präsidentenpalastes auch Tausende Anhänger Salihs, der seit 32 Jahren über sein Land herrscht.
Derweil legte der Golf-Kooperationsrat (GCC), der Zusammenschluss der Golfstaaten, einen Vermittlungsvorschlag vor. Demnach soll Salih innerhalb von 30 Tagen zurücktreten, die Amtsgeschäfte an seinen Vizepräsidenten Abdu Rabo abgeben und den Weg zu Präsidentschafts- und Parlamentswahlen freimachen, verlautete aus Regierungskreisen in Sanaa. Salih begrüßte in einer Ansprache vor seinen Anhängern den Vorschlag, schränkte aber zugleich ein, dessen Umsetzung müsse "im Einklang mit der Verfassung" stehen.
Die Proteste gegen den Staatschef dauern nun schon seit mehr als zwei Monaten an. Mehr als 100 Menschen wurden dabei bislang von Sicherheitskräften und Salih-Anhängern getötet, weitere Tausende verletzt.
In Libyen geht das US-Militär jetzt auch mit ferngesteuerten Kampfdrohnen gegen die Bodentruppen des Machthabers Muammar al-Gaddafi vor. Präsident Barack Obama habe den Einsatz der unbemannten Flugzeuge genehmigt, sagte US-Verteidigungsminister Robert Gates.
Angesichts der schweren Kämpfe zwischen Aufständischen und Regierungstruppen verlangte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon eine sofortige Waffenruhe. "Ich fordere die libyschen Behörden dringend auf, die Kämpfe einzustellen und das Töten der Menschen zu beenden", sagte er am Donnerstag bei einem Besuch in der russischen Hauptstadt Moskau.
Kampfjets der internationalen Truppen zerstörten in der Nähe der Hauptstadt Tripolis am Donnerstag acht Munitionsbunker. Dies berichtete die Nato am Freitag in Brüssel. Insgesamt seien 62 Kampfeinsätze geflogen worden. Unweit der umkämpften Stadt Misurata seien ein Panzer und eine Luftabwehrstellung bombardiert worden. Vier zerstörte Panzer wurden aus Adschabija, zwei andere aus Al-Brega gemeldet. Derzeit seien zehn Schiffe dabei, humanitäre Hilfsgüter nach Libyen zu bringen.