"Neue Männer braucht das Land": Ist ein neues Rollenbild durch den Krieg nötig?

Gewalt müsse man(n) abwehren können, sagt Matthias Politycki. Gerade im Angesicht des Krieges. Im Café Luitpold hat er zusammen mit SZ-Journalistin Meredith Haaf und Philosoph Wilhelm Vossenkuhl darüber diskutiert.
Maximilian Neumair |
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Zur Männlichkeit gehöre auch, wehrhaft zu sein, sagt Schriftsteller Matthias Politycki.
Zur Männlichkeit gehöre auch, wehrhaft zu sein, sagt Schriftsteller Matthias Politycki. © imago

München – Das Publikum lauscht dem Gespräch, das lediglich vom sanften Klirren des Bestecks auf Porzellantellern begleitet wird. Auf mehrstöckigen Serviergeschirren liegen Macarons, Johannisbeeren und andere kleine Häppchen. Zwischen den Cafétischen eilen Kellner hin und her, um etwa Paellas oder Weißwein und Bier zu reichen.

Das friedfertige Ambiente will nicht so recht zu dem passen, was Schriftsteller Matthias Politycki auf der Bühne, eingerahmt von zwei Palmen, sagt: "Viele sehnen sich nach Männern, die Aggression abwehren können." Den ganzen Abend geht es um Gewalt, Wehrhaftigkeit, Männlichkeit – im Schatten einer neuen Weltlage.

Philosoph WIlhelm Vossenkuhl, SZ-Journalistin Meredith Haaf und Schriftsteller Matthias Politycki diskutieren im Café Luitpold über das Männerbild in Zeiten des Krieges.
Philosoph WIlhelm Vossenkuhl, SZ-Journalistin Meredith Haaf und Schriftsteller Matthias Politycki diskutieren im Café Luitpold über das Männerbild in Zeiten des Krieges. © Maximilian Neumair

Philosoph Wilhelm Vossenkuhl und SZ-Journalistin Meredith Haaf diskutieren über Polityckis neues Buch "Mann gegen Mann: Von alten und neuen Tugenden" im Salon des Café Luitpold an der Brienner Straße. Doch es ist vor allem Politycki, der redet. Etwa vom "gebändigten Mann" und "mutlosen Schlappschwänzen", hervorgebracht vom sicheren Westen. Seine Forderung: "Wir brauchen Männer, die sich traditionellen Rollenbildern bedienen."

Der Mann verteidigt westliche Errungenschaften

Kurzum: Eine neue alte Männlichkeit, die zwar weiterhin emanzipiert sei, aber auch gewaltbereit. Natürlich nur zur Abwehr von anderer Gewalt – Wehrhaftigkeit nennt er das. "Neue Männer braucht das Land", sagt Politycki. "Nicht zuletzt verteidigt der Mann Errungenschaften unserer westlichen Diskurse." Argumente reichten nicht mehr aus.

Er selbst sieht sich als Teil der politischen Linken. Habe damals den Kriegsdienst verweigert. Doch jetzt befänden wir uns in einer Zeitenwende: "Das Ende von etwas, der Anfang von etwas." Von nun an dominiere die Sorge, was von unseren Werten und diversen Lebensformen demnächst noch zu bewahren sein werde.

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Er ist der Ansicht, man werde nicht als Mann geboren, sondern "man wird es vielleicht". Es sei etwas, das jeden Tag aufs Neue erarbeitet werden müsse. "Der Mann muss jederzeit bereit sein, Mann sein und seine Schutzfunktion ausüben zu können", sagt Politycki.

Haaf fragt daraufhin: "Wo sehen Sie da die Frauen?" Politycki erwidert: "Es gibt sehr robuste Frauen, die haben auch mich in Schutz genommen." Für ihn seien da die Grenzen fließend. Dennoch habe er einen "Kernbegriff von Männlichkeit". Den definiert er den Abend über zwar nicht. Klar wird trotzdem: Es geht ihm vor allem um die Beschützerrolle.

Helmut Schmidt gegen Trump, Putin und Xi

Im zweiten Teil der Veranstaltung, als das Publikum Fragen stellen darf, will ein Mann wissen, wer diese Rolle in der europäischen Führung einnehmen könne, um Trump, Putin und Xi standhalten zu können.

Für Politycki wäre das Helmut Schmidt gewesen. "Er war immer glaubhaft in seiner Sprache und hat sich immer wieder zu einer Haltung durchgerungen - auch gegen Widerstände." Auch Macron könnte diese Rolle einnehmen. Aus dem derzeitigen Deutschland falle ihm jedoch keiner ein.

Ein anderer Mann fragt, warum überhaupt Trump, Musk und dergleichen Männlichkeiten propagieren, obwohl sie in gar keiner Notlage seien. Politycki sieht die Schuld bei der Linken und ihren Denk- und Sprechverboten. Zustimmung aus dem Publikum: Zu lange sei Gewalt tabuisiert worden, sagt ein weiterer Mann.

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Für Politycki ist deswegen klar: "Da hat sich etwas Luft gemacht, was Jahrzehnte lang verdrängt wurde. Ich hatte dauernd mit solchen Männern zu tun." Die Trumps, Putins, Xis dieser Welt sind demnach nie weg gewesen.

Die neue alte Männlichkeit soll das kontern. Den jungen Männern auch wieder Halt geben, über die Zuhörer den Abend über immer wieder berichten.

Philosoph Vossenkuhl weist zugleich darauf hin, dass 700.000 Ukrainer nicht in den Kriegsdienst eintreten wollen. Journalistin Haaf ergänzt, dass die USA seit Jahren Schwierigkeiten hätte, neue Soldaten zu rekrutieren. Auch Russland müsse durch Zwang mobilisieren. "Die Menschen dieser Gesellschaften wollen eigentlich keinen Krieg führen, wollen sich gar nicht wehren und kämpfen müssen", sagt Haaf.

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3 Kommentare
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  • Der wahre tscharlie am 09.03.2025 16:23 Uhr / Bewertung:

    "Neue Männer braucht das Land" sang schon Ina Deter und meinte es aber anders.
    Und Bernd Höcke sagte in einer Rede in Erfurt, "wir müssen unsere Männlichkeit wieder entdecken".

    Und nun wieder Jemand, der gerne mehr Männlichkeit will. Beschützerinstinkt wecken, aber Gewalt nur dann ausüben, wenn es notwendig ist. Ansonsten lammfromm bleiben.
    Aber es gibt auch "robuste Frauen".....das Wort schon, "robust".....damit verbinde ich eher widerstandsfähig.

    Aber Herr Politycki scheint in alte Denkmuster zu verfallen, dass der Mann die Beschützerrolle übernehmen soll. Auch Frauen können den Platz übernehmen.

  • Futurana am 09.03.2025 09:09 Uhr / Bewertung:

    ACH, neue Männlichkeit, ja ?

    Den ganzen Abend geht es um Gewalt, Wehrhaftigkeit, Männlichkeit . Oh je!

    Ha, man werde nicht zum Mann geboren, man wird es - vielleicht. Ich halte dagegen: frau wird nicht als "Frau" geboren- sie wird dazu gemacht .( Damit ist bitteschön nicht biologische Geschlecht gemeint .)

  • Der Münchner am 09.03.2025 08:57 Uhr / Bewertung:

    Genau das ist das Problem!
    Keiner will in den Krieg!
    Weder Männer noch Frauen und auch keine Diversen!
    Auch ein paar Monate Wehrpflicht bringt gar nix, da wir gut ausgebildete Fachkräfte für einen längeren Zeitraum bräuchten.
    Tja der Fachkräftemangel, vielleicht aus dem Ausland welche holen?

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