Neue Debatte um Vorgehen gegen Teenie-Säufer

Angesichts der steigenden Zahl jugendlicher Komasäufer fordert SPD-Experte Lauterbach höhere Strafen für Händler und Gastronomen. Die CSU-Politikerin Haderthauer sieht vor allem die Eltern in der Pflicht.
Die jüngsten Fälle von Alkoholmissbrauch durch Kinder bestätigen einen gefährlichen Trend. Nach Angaben der Techniker Krankenkasse (TK) nimmt das sogenannte «Komasaufen» auch bei sehr jungen Jugendlichen zu. «Wir beobachten mit Sorge, dass die Alkohol-Patienten immer jünger werden und bereits Kinder unter 15 Jahren mit einem Vollrausch ins Krankenhaus kommen», sagte der TK-Vorstandschef Norbert Klusen der «Frankfurter Rundschau».
Wie die Zeitung aus Daten der Krankenkasse zitiert, stieg zwischen 2007 und 2008 die Zahl der durch Alkoholmissbrauch bedingten Klinikaufenthalte von Kindern unter 15 Jahren von 177 auf 214. Auf alle Versicherten umgerechnet komme man bundesweit insgesamt auf knapp 2400 Fälle von akutem Alkoholrausch in dieser Altersgruppe.
Lauterbach für strengere Kontrolle
Bei den unter 18-Jährigen Jugendlichen weisen die TK-Zahlen einen Anstieg der Klinikeinweisungen um 174 auf 1765 aus. Das deute auf eine Gesamtzahl von fast 20.000 minderjährigen Komasäufern, die 2008 im Krankenhaus behandelt wurden. Erst am Mittwoch waren im westfälischen Paderborn drei Kinder im Altern von 11, 12 und 13 Jahren besinnungslos auf einem Spielplatz gefunden worden. Sie hatten nach Angaben der Polizei Wodka getrunken.
Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach forderte, die gesetzlichen Bestimmungen zur Alkoholabgabe an Jugendliche zu verschärfen, und rügte «zu laxe Kontrollen durch die Ordnungsämter». Es müsse eine grundsätzliche Ausweispflicht für junge Alkoholkäufer geben, sagte Lauterbach der «Frankfurter Rundschau». Er regte zudem höhere Strafen für Gastronomen und Einzelhändler an, die Minderjährigen illegal Alkohol verkaufen: «Hier geht es nicht um Kavaliersdelikte. Und wer um seine Lizenz bangen muss, wird sich dreimal überlegen, was er wem verkauft», argumentierte Lauterbach.
«Gesellschaftlich gebilligte Kultur des Kampftrinkens»
Die bayerische Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) sieht dagegen vor allem die Eltern in der Pflicht: «Es herrscht ein Grundmissverständnis, dass Eltern sich immer mehr aus der Erziehung zurückziehen können, je mehr Angebote der Staat macht.» Der Zeitung «Die Welt» sagte Haderthauer: «Ärzte sagen mir, sie werden von Eltern angegangen, wenn sie dezent auf die elterliche Aufsichtspflicht hinweisen.»
Wenn Eltern kein Problembewusstsein hätten, gebe es allerdings ein Verdachtsmoment für eine Meldung an das Jugendamt, fügte Haderthauer hinzu. Zugleich beklagte die Ministerin auch eine «Art gesellschaftlich gebilligte Kultur des Kampftrinkens». TK-Chef Klusen sieht im Schutz der Jugendlichen eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Es sei ein Problem, wenn die Bierflasche, das Glas Wein und die Zigarette beim Fernsehen in der Familie immer präsent seien. Supermärkte, Tankstellen und Gastronomen müssten in die Pflicht genommen, Alterskontrollen verstärkt werden. (dpa/epd/AP)