Netanjahus Holocaust-Vorwürfe verschärfen Nahost-Konflikt

Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu hat einem früheren Palästinenserführer Mitschuld am Holocaust vorgeworfen und damit den Nahost-Konflikt weiter angeheizt.
von  dpa

Berlin/Jerusalem - "Der Mufti wurde ein krimineller Komplize für (SS-Chef Heinrich) Himmler und (Holocaust-Organisator Adolf) Eichmann bei der Ausführung des Holocaust", sagte Netanjahu nach einem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin. "Der Mann ist ein Kriegsverbrecher. Er ist ein Mann, der mit den Nazis kollaboriert hat."

Die Vorwürfe machte er nur wenige Stunden vor einem Treffen mit US-Außenminister John Kerry in Berlin. Die beiden sprechen vor dem Hintergrund einer neuen Welle blutiger Gewalt im Nahen Osten miteinander. Dabei kamen seit Monatsbeginn neun Israelis und rund 50 Palästinenser ums Leben.

Merkel (CDU) rief zu einem Ende der Gewalt auf. "Wir wünschen uns, dass alle Seiten zur Deeskalation der Lage beitragen", sagte sie. Israel habe die Verpflichtung, seine eigenen Bürger zu schützen. Dabei müsse aber die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben. Sicherheit und Existenz Israels seien Teil der deutschen Staatsräson, und dies werde auch so bleiben.

Netanjahu hatte bereits am Dienstag gesagt, der palästinensische Großmufti von Jerusalem, Amin al-Husseini, habe Nazi-Diktator Adolf Hitler zur Ermordung der Juden in Europa angestiftet. Merkel sagte dazu, die Deutschen hätten keinen Grund ihr Geschichtsbild zu ändern. "Wir kennen die Verantwortung der Nazis für den Zivilisationsbruch der Schoah."

Auch Netanjahu nannte Hitler als Hauptverantwortlichen für den Holocaust. "Niemand sollte das abstreiten", sagte er. Es gebe aber viele Beweise dafür, dass der Großmufti den Holocaust unterstützt habe. Der palästinensische Präsident Mahmud Abbas müsse sich fragen lassen, "warum er den Mufti als Krone der Palästinenser hochhält".

Palästina wurde Anfang der 40er Jahre noch von der britischen Mandatsmacht verwaltet, die eine Einwanderung von Juden streng einschränkte. Im Kampf gegen die Juden hatte Al-Husseini mit Hitler zusammengearbeitet und ihn 1941 in Berlin getroffen.

Israels Oppositionsführer Izchak Herzog rief Netanjahu am Mittwoch dazu auf, seine Äußerungen zurückzuziehen. Es handele sich um eine "gefährliche Verzerrung der Geschichte, die den Holocaust trivialisiert".

Auch der israelische Holocaust-Forscher Professor Jehuda Bauer sagte, Netanjahu habe mit seinen Worten "die Figur Hitlers verkleinert". Palästinenserpräsident Mahmud Abbas sagte nach einem Treffen mit UN-Generalsekretär Ban Ki Moon in Ramallah: "Netanjahu hat Hitler von seinen Verbrechen freigesprochen und die Schuld auf Amin al-Husseini abgeschoben. Auf diese Weise will er unser Volk auf eine sehr erbärmliche Weise angreifen."

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