Nato-Kritik: Kein Nestbeschmutzer
Ein Politiker, der eben noch als möglicher Bundespräsident gehandelt wurde, gilt plötzlich als „Putin-Versteher“, „Leisetreter“, „Nestbeschmutzer“ und „Foulspieler“. An Frank-Walter Steinmeiers geäußerter Skepsis gegenüber Nato-Manövern im Osten wird kein gutes Haar gelassen.
Die wohlwollenden Reaktionen aus Moskau seien der beste Beweis. Das Lob in den Kommentarbereichen auf den Internetseiten der Zeitungen? Natürlich gesteuert von bezahlten Kräften aus dem Kreml. „Trolle“ werden diese Geschöpfe im Jargon genannt. Und es gibt sie wirklich.
Aber reicht das, um den Widerspruch zwischen politischem Gegenwind und öffentlicher Zustimmung zu erklären? Nein, lehrt die Erfahrung bei der AZ. Kritische Töne gegenüber der Nato schlagen hier keine von Putin finanzierten Moskautreuen an, sondern Leserinnen und Leser, die diese Zeitung seit Jahrzehnten abonniert haben und keineswegs ideologisch verblendet wirken. Es ist die Generation Brandt-Bahr, die hier spricht; jene Generation, die die Entspannungspolitik der sozial-liberalen Koalition getragen hat und jetzt Angst hat vor einer neuen Konfrontation.
Dass die zu einem großen Teil von Putin ausgeht, dass der russische Präsident eher Falke als Taube ist, wissen diese Menschen natürlich. Sie spüren aber auch, dass der Westen nicht immer zur Deeskalation beiträgt. Nichts anderes hat Frank-Walter Steinmeier gesagt. Zu Recht.