Nach Jamaika-Aus: Wie es jetzt weitergeht

Berlin - Deutschland steht nach dem Scheitern der Jamaika-Sondierungen vor unübersichtlichen politischen Verhältnissen.
Die FDP ließ die Verhandlungen mit CDU, CSU und Grünen am späten Sonntagabend überraschend platzen. "Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren", sagte FDP-Chef Christian Lindner. Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) stürzt damit in die schwerste Krise ihrer zwölfjährigen Amtszeit. Acht Wochen nach der Bundestagswahl ist unklar, wie es weitergeht.
Drei Szenarien sind nun denkbar: Die SPD verhandelt doch über die erneute Bildung einer großen Koalition. Ein zweites denkbares Szenario ist eine Minderheitsregierung unter Führung Merkels, etwa mit den Grünen oder der FDP. Als drittes Szenario denkbar sind Neuwahlen. Die AZ zeigt, was wahrscheinlich ist.
Erneute GroKo: Die SDP hatte direkt nach der Wahl eine erneute Große Koalition ausgeschlossen. Fraktionschefin Andrea Nahles bekräftigte diese Haltung am Freitag erneut: Die SPD bleibt in der Opposition. Dieses Szenario ist kaum wahrscheinlich.
Minderheitenregierung: Bundeskanzlerin Angela Merkel hätte die Möglichkeit, eine Minderheitenregierung zu bilden. Entweder mit der FDP oder mit den Grünen. Schwarz-Gelb fehlen im Bundestag 29 Sitze zur Mehrheit, Schwarz-Grün gar 42. In beiden Fällen müsste Merkel bei Abstimmungen also auf Unterstützung anderer Parteien hoffen. Ein äußerst schwieriges Unterfangen.
Jürgen Trittin (Grüne) schloss aber für seine Partei noch in der Nacht eine Beteiligung an einer Minderheitenregierung aus. "Deutschland braucht eine stabile Mehrheit", sagte er im ZDF.
Neuwahlen: Der wohl wahrscheinlichste Weg. Allerdings ist auch das umständlich - weil es das Grundgesetz so will. In Deutschland kan sich das Parlament nicht wie in vielen anderen Ländern einfach selber auflösen. Unsere Verfassung sieht für vorgezogene Neuwahlen zwei Wege vor: Die gescheiterte Vertrauensfrage und die gescheiterte Kanzlerwahl.
Historisch einmalige Situation
Die Vertrauensfrage kann Bundeskanzlerin Angela Merkel nicht stellen, da sie nur geschäftsführende Bundeskanzlerin ist (ihre offizielle Amtszeit endete am 24. September). Damit bleibt nur die gescheiterte Kanzlerwahl nach Artikel 63. Dieser Artikel legt fest, dass der Bundespräsident das Parlament auflösen kann, wenn ein Kandidat bei der Kanzlerwahl nicht die absolute Mehrheit erhält.
Nach einem ersten Wahlgang kann der Bundestag innerhalb von zwei Wochen erneut einen Kanzler/Kanzlerin wählen. Scheitert auch dieser Versuch, reicht in einem dritten Wahlgang die einfache Mehrheit.
Diesen Kandidaten kann der Bundespräsident dann zum Kanzler einer Minderheitenregierung ernennen - oder er löst den Bundestag auf und macht damit den Weg frei für Neuwahlen. Dann müssten die Deutschen innerhalb von 60 Tagen erneut an die Urnen. Es sei denn, es findet sich doch noch ein Weg, eine stabile Regierungsmehrheit zu organisieren.