Nach dem TV-Duell: Der Faktencheck

Die AZ hat die zentralen Aussagen von Horst Seehofer und Christian Ude nachgecheckt
München - Hin und her ging’s mit den Argumenten beim TV-Duell zwischen Horst Seehofer und Christian Ude. Doch: Wann lagen die Kandidaten richtig und wann daneben? Die AZ macht den Faktencheck.
Bildung
Seehofer sagt: „Bayerische Kinder stehen in allen Pisa-Tests und Leistungsvergleichen vorne.“
Stimmt. Der letzte Länder-Bildungsvergleich des Instituts für Qualität im Bildungswesen hat gezeigt, dass Bayern in fast allen Kategorien (Leseleistung, Rechtschreibung, Hörverständnis in Deutsch, Lese- und Hörverständnis in Englisch) auf Platz eins oder zwei liegt – mit Baden-Württemberg.
Ude sagt: „Nirgendwo ist die soziale Auslese so scharf wie in Bayern.“
Stimmt auch. Der Bildungsvergleich hat ergeben, dass die Chance für ein bayerisches Kind mit mindestens einem Elternteil aus der oberen Dienstklasse (Akademiker) 6,5-mal höher ist, ein Gymnasium zu besuchen, als bei einem Kind mit Facharbeiter-Eltern – bei gleicher schulischer Kompetenz.
Seehofer sagt: „Jeder dritte Euro ist in Bildung geflossen, über 8000 Lehrer wurden neu eingestellt.“
Stimmt. Aber: Gleichzeitig müssen bis 2030 laut Bayerischem Lehrerinnen- und Lehrerverband 48 Prozent der bayerischen Hauptschulen schließen. Längere Schulwege sind die Folge.
Ganztagsschulen
Seehofer verspricht: Bis 2018 wird es Ganztags-Angebote für alle Schüler unter 14 geben.
Schön und gut. Klar ist aber: Bis jetzt können bayerische Schüler kaum von Ganztagsangeboten profitieren. Eine Studie der Bertelsmann-Stiftung attestiert Bayern im Juni 2012 „Schlusslicht“-Status. Nirgendwo in Deutschland werden anteilig weniger Kinder ganztägig unterrichtet als in Bayern (10,5 Prozent).
Kinderbetreuung
Seehofer sagt: „Bei allen westlichen Bundesländern hat der Freistaat bei der Kinderbetreuung die größte Dynamik“.
Naja – so kann man blumig umschreiben, dass Bayern zwar fleißig ausbaut, mit einer aktuellen Betreuungsquote von 24,8 Prozent (laut Statistischem Landesamt) aber weit hinter der Zielquote von 39 Prozent liegt. Immerhin: Laut Sozialministerium sind 110000 Krippenplätze bewilligt, das entspricht einer Quote von 52 Prozent.
Ude sagt: Es gebe in München keine Klagen wegen des Rechtsanspruchs auf einen Krippenplatz.
Stimmt nicht: Insgesamt sechs Klagen liegen vor. München ist außerdem die einzige Kommune in Bayern, die jüngst einräumen musste, nicht alle Kinder unterbringen zu können. Über 560 Kinder (Stand Ende Juli) stehen in München auf Wartelisten.
Schuldenabbau
Ude lobt sich: In München ist der Schuldenstand geringer als 1987. Seehofer wirft ihm vor: Das liege daran, dass er die Schulden von städtischen Betrieben rausgerechnet hat. Ude nennt das Unfug - aber Seehofer hat in einem Punkt Recht: Zu den städtischen Schulden von derzeit 1,31 Milliarden Euro Schulden kommen noch die der Eigenbetriebe. 2010 waren das 1,6 Milliarden. Der kommunale Schuldenstand ist vergleichbar mit 1993 (1,37Milliarden). 1987 lag er bei 1,14 Milliarden. Laut Kämmerei gibt es zu diesem Vergleich keine Statistik.