Mutmaßlicher Abdeslam wegen Schießerei zu 20 Jahren Haft verurteilt

Salah Abdeslam galt eine Zeit lang als einer der meistgesuchten Terroristen Europas. Nun ist das erste Urteil gegen ihn gefällt worden. Ein weitreichenderes dürfte noch folgen.
dpa |
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Die Rechtsanwälte Romain Delcoigne (Mitte, l) und Sven Mary (Mitte, r), Verteidiger des angeklagten IS-Terroristen Abdeslam, sprechen mit Journalisten im Brüssler Justizpalast nach dem Prozess gegen Abdeslam.
Thierry Roge/BELGA/dpa Die Rechtsanwälte Romain Delcoigne (Mitte, l) und Sven Mary (Mitte, r), Verteidiger des angeklagten IS-Terroristen Abdeslam, sprechen mit Journalisten im Brüssler Justizpalast nach dem Prozess gegen Abdeslam.

Brüssel - Er ist womöglich das letzte verbliebene Bindeglied zwischen den verheerenden Anschlägen von Paris und Brüssel: Der IS-Terrorist Salah Abdeslam ist wegen versuchten Polizistenmordes in Belgien zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Das zuständige Gericht sah es am Montag als erwiesen an, dass der Franzose marokkanischer Abstammung im März 2016 vorsätzlich und im "terroristischen Kontext" auf drei Polizisten feuerte. Sein mitangeklagter Komplize Sofien Ayari erhielt ebenfalls 20 Jahre Haft. Beide können gegen das Urteil noch Berufung einlegen.

Abdeslam soll an Anschlägen in Paris und Brüssel beteiligt gewesen sein

Abdeslam galt eine Zeit lang als einer der meistgesuchten Terroristen Europas. Er soll zu einer Zelle der Organisation Islamischer Staat gehören, die die blutigen Anschläge in Frankreich im November 2015 und in Brüssel im März 2016 verübte. In Paris töteten IS-Extremisten bei koordinierten Angriffen 130 Menschen. Sie richteten unter anderem in der Konzerthalle "Bataclan" ein Massaker an, zudem sprengten sich am Stade de France während des Fußball-Länderspiels Frankreich gegen Deutschland Selbstmordattentäter in die Luft. In Brüssel töteten Selbstmordattentäter in der Metro und am Flughafen 32 Menschen.

In Paris soll Abdeslam einen Sprengstoffgürtel gehabt, ihn aber nicht gezündet haben. Nach den dortigen Anschlägen soll er nach Belgien geflohen und dort untergetaucht sein.

Schüsse auf Polizisten - Drei Beamte verletzt

Der Prozess in Brüssel stand mit diesen Ereignissen nur indirekt im Zusammenhang. Als Abdeslam am 15. März 2016 bei einer Razzia in der Brüsseler Gemeinde Forest mit zwei Komplizen aufgespürt wurde, schossen sie dem Gericht zufolge auf Polizisten und verletzten drei Beamte. "Sie waren auf einen Zusammenstoß mit der Polizei vorbereitet", sagte die zuständige Richterin.

Ein Verdächtiger, der Algerier Mohamed Belkaid, wurde bei dem Schusswechsel getötet. Außer ihm feuerte laut Gericht noch mindestens ein weiterer der Anwesenden Schüsse ab. In der Wohnung stießen die Ermittler zudem noch auf Munition, eine IS-Fahne und einen Brief Abdeslams an seine Mutter, in dem er demnach schrieb, er müsse gegen die "Feinde Allahs" kämpfen. Der 28-Jährige entkam bei der Schießerei zunächst, wurde aber wenige Tage später in der Brüsseler Gemeinde Molenbeek gefasst. Das setzte die Terrorzelle damals möglicherweise so unter Druck, dass sie kurz darauf überhastet in Brüssel zuschlug.

Schießerei wird als terroristischer Angriff gewertet

Die Richterin schilderte den Fall und die Indizien am Montagmorgen vor Verkündung des Strafmaßes noch einmal ausführlich. Sie kam danach zu dem Schluss, dass es sich bei der Schießerei um einen terroristischen Angriff gehandelt habe. Sie folgte damit weitgehend der Staatsanwaltschaft, die die Höchststrafe von 20 Jahren gefordert hatte. Die Verurteilten müssen zudem eine Geldstrafe zahlen. Die Argumente der Verteidigung, die wegen Verfahrensfehlern auf Straffreiheit plädiert hatte, wies das Gericht zurück.

Er werde sich nun mit Abdeslam beraten, ob dieser Berufung einlegen wolle, erklärte sein Anwalt, Sven Mary, nach der Urteilsverkündung. Dem Gericht zufolge hat er dafür einen Monat lang Zeit.

Abdeslam verweigert jede Aussage

Abdeslam bleibt nun auch nach dem Brüsseler Urteil in Frankreich in Untersuchungshaft. Die umfangreichen Ermittlungen zu den Pariser Terroranschlägen werden voraussichtlich noch bis 2019 dauern. Zum Prozess in Brüssel war er lediglich zum Auftakt erschienen und hatte verkündet, sich "durch Schweigen zu verteidigen". Auch in seiner Untersuchungshaft verweigerte er bislang weitgehend die Aussage. Wo er seine Strafe beziehungsweise möglichen Strafen letzten Endes absitzen wird, muss nun nach Angaben des Gerichts noch zwischen Frankreich und Belgien geklärt werden.

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