Muslimbruderschaft will an Reformgesprächen teilnehmen
KAIRO - Fast zwei Wochen nach Beginn der Proteste in Ägypten sollen erstmals Gespräche zwischen der Muslimbruderschaft und Vertretern der Regierung beginnen. Die Islamisten-Organisation erklärte, sie werde einen Vertreter zu Gesprächen mit Vizepräsident Omar Suleiman schicken.
Auf dem zentralen Tahrir-Platz in Kairo gingen die Proteste am Sonntag weiter. Rund 6000 Demonstranten versammelten sich, um den Rücktritt von Präsident Husni Mubarak und seiner Regierung zu fordern.
Die Muslimbruderschaft hatte zu Beginn des Aufstandes noch angekündigt, sie stehe erst nach einem Rücktritt Mubaraks für einen Dialog bereit. Da aber mittlerweile verschiedene andere Kräfte der Opposition zwischen der Regierung und den jugendlichen Demonstranten vermitteln, sehen die Muslimbrüder offensichtlich nun auch einen Zwang zu handeln.
Auf dem zentralen Platz der Proteste in Kairo, dem Midan Tahrir, wollten koptische Christen am Sonntag einen Gottesdienst feiern. Die Kopten sind in der Frage, ob man gemeinsam mit den Muslimbrüdern eine Allianz gegen das korrupte alte System bilden sollte, gespalten. Das geistliche Oberhaupt der Kopten, Papst Schenuda III., hatte Mubarak am Samstagabend den Rücken gestärkt.
Unterdessen dringen die USA immer ungeduldiger auf einen demokratischen Wandel in Ägypten. US-Vizepräsident Joe Biden erkundigte sich am Samstag in einem Telefonat mit Suleiman, wieweit es Fortschritte mit Blick auf den Beginn «glaubhafter und umfassender Verhandlungen» in Richtung einer demokratischen Regierung gebe. Wie das Weiße Haus mitteilte, habe er dabei die Notwendigkeit betont, dass es «eine konkrete Reformagenda, einen klaren Zeitplan und unmittelbare Schritte geben muss, um der Öffentlichkeit und der Opposition deutlich zu machen, dass sich die ägyptische Regierung zu Reformen bekennt».
Während Mubarak sich am Samstag staatsmännisch im staatlichen Fernsehen mit seinen Ministern zeigte, trat die Führung seiner NDP zurück, darunter auch sein Sohn Gamal und Generalsekretär Safwat Al-Scherif. Die Partei präsentierte sofort eine neue Riege von Führungspersönlichkeiten, die größtenteils dem Reformflügel angehören. Dies deutete darauf hin, dass die alte Garde nicht freiwillig das Handtuch warf.
dpa
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