Muskelspiele in München: Parteichefs wollen Stärke zeigen

Noch siebeneinhalb Monate bis zu Bundestagswahl - genug Zeit für die große Koalition, gemeinsam etwas zu entscheiden. In München reden die Parteichefs über Konsequenzen aus dem Berliner Terroranschlag.
Berlin - Auch wenn der Wahlkampf mit großen Schritten naht, muss in den nächsten siebeneinhalb Monaten noch regiert werden. Kanzlerin und CDU-Chefin Bundeskanzlerin Angela Merkel, CSU-Chef Horst Seehofer und Noch-SPD-Chef Sigmar Gabriel wollten am Montag in München demonstrieren, dass Sicherheit Chefsache ist. Denn Terrorgefahr und innere Sicherheit dürften auch den Wahlkampf dominieren.
Worum geht es bei dem Treffen genau?
Im Januar haben Innenminister Thomas de Maizière (CDU) und Justizminister Heiko Maas (SPD) einen Zehn-Punkte-Plan vorgelegt. Die beiden sind in München dabei. Angeregt haben sie unter dem Eindruck des Berliner Anschlags eine stärkere Überwachung von Gefährdern und eine erleichterte Abschiebehaft. Die Koalitionspartner sind sich da weitgehend einig. Auch die SPD fordert einen wehrhaften Staat und will die neuen Anti-Terror-Gesetze im Bundestag rasch billigen - sie dringt aber zugleich auf mehr Prävention, um künftige Anschläge zu verhindern.
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Was liegt im Detail auf dem Tisch?
Die richterliche Anordnung von Abschiebehaft soll durch einen neuen Haftgrund der "Terrorgefahr" oder der "erheblichen Gefahr für die Sicherheit" Deutschlands erleichtert werden. Möglich sein soll Abschiebehaft künftig auch dann, wenn sie länger als drei Monate dauern könnte, weil Herkunftsländer die nötigen Papiere nicht ausstellen. Die Fußfessel für Gefährder soll ermöglicht werden. Die Wohnsitzauflagen von Asylbewerbern, die die Behörden über ihre Identität täuschen, sollen verschärft werden. Der Ausreisegewahrsam für Ausländer soll von vier auf zehn Tage verlängert werden. Wenn Verhandlungen mit Herkunftsländern über die Rücknahme eigener Bürger stocken, soll Deutschland auch die Entwicklungshilfe oder Regeln für Visa in die Waagschale werfen.
Was ist eigentlich schon passiert seit Dezember?
Noch nicht allzu viel. Die Fußfesselüberwachung von Gefährdern wurde vergangene Woche im Kabinett auf den Weg gebracht. Die Gesetzesänderung ist aber umstritten, muss noch durch das Parlament - und bringt in der Praxis erstmal wenig. Die meisten der bundesweit derzeit etwa 550 als Gefährder eingestuften Personen aus der Islamisten-Szene werden nämlich durch die Länder überwacht. Die rechtlichen Grundlagen müssten demnach auch in den Landespolizeigesetzen geschaffen werden.
Warum ist das Sicherheitstreffen in München und nicht in Berlin?
Das ist tatsächlich ungewöhnlich, normalerweise beginnen solche Spitzentreffen abends im Berliner Kanzleramt und ziehen sich oft bis in die Nacht. Diesmal soll es nur zwei Stunden dauern. Seehofer darf diesmal in der Staatskanzlei Gastgeber sein. Die Kanzlerin ist ja ohnehin schon seit Sonntag da, zum "Versöhnungsgipfel" der Schwesterparteien CDU und CSU. Dem Vernehmen nach hat die SPD-Seite angeboten, man könne das Treffen dann anschließend in München machen.
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Warum ist Martin Schulz nicht dabei?
Weil er noch nicht SPD-Chef ist - das wird er erst im März auf einem Sonderparteitag. Bis dahin ist Sigmar Gabriel der Vorsitzende. Trotzdem dürfte der Newcomer Schulz im Hintergrund eine Rolle spielen. Die SPD ist in Umfragen bis knapp unter die 30-Prozent-Marke geklettert und kam zuletzt auf vier Prozentpunkte an die Union ran. Das freut Vizekanzler und Außenminister Gabriel. Die Ansage ist trotzdem klar: Bei dem Treffen geht es um Sachpolitik, nicht um Wahlkampf.
Ist der neue Bahnchef auf ein Thema?
Offiziell nicht. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hat am Sonntag gesagt, dass über den Nachfolger von Rüdiger Grube am Montag noch nicht entschieden werden soll. Inoffiziell sind Gespräche darüber natürlich trotzdem möglich.