Mursi lässt Panzer vor seinem Palast auffahren

Erst kämpften die Ägypter mit Worten, jetzt fließt wieder Blut: Es waren die blutigsten Zusammenstöße in den Straßen Kairos, seit Mohammed Mursi regiert.
dpa |
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Kairo - Erst kämpften die Ägypter mit Worten, jetzt fließt wieder Blut: Vor dem Präsidentenpalast in Kairo sind bei Straßenschlachten zwischen Islamisten und Oppositionellen sechs Menschen getötet und mehrere hundert verletzt worden.

Als Reaktion auf die Zusammenstöße in der Nacht zum Donnerstag kündigte der islamistische Präsident an, im Tagesverlauf eine Ansprache an sein Volk zu halten. Ob Mursi den Verfassungsstreit nun doch mit einem Kompromissvorschlag lösen will, war zunächst unklar.

Die Krawalle begannen, nachdem Muslimbrüder Zelte zerstörten, die Aktivisten aus Protest gegen Mursi vor dem Präsidentenpalast aufgebaut hatten. Die Zusammenstöße zwischen Anhängern der regierenden Islamisten-Parteien und Oppositionellen waren die heftigsten seit dem Amtsantritt Mursis. Die Zahl der Verletzten liege bei 644, berichteten die staatlichen Medien unter Berufung auf das Gesundheitsministerium.

Den Angaben zufolge wurden in der Nacht zum Donnerstag auch fünf Leichen in die Krankenhäuser im Osten der Stadt gebracht. Ärzte bemühten sich weiter um einen Fotografen der Zeitung "Al-Fagr", der nach einem Kopfschuss am frühen Morgen für klinisch tot erklärt worden war.

Als Reaktion auf die Straßenschlachten fuhr die Republikanische Garde mit Panzern vor dem Präsidentenpalast auf. Ein Sprecher betonte, es handele sich nicht um Soldaten der Armee. Zuvor war über einen möglichen Militärputsch spekuliert worden.

Entzündet hatte sich der Streit an einem Dekret Mursis, mit dem dieser seine Machtbefugnisse für die Zeit bis zum Inkrafttreten einer neuen Verfassung auf Kosten der Justiz ausgeweitet hatte. Am 15. Dezember soll über die neue Verfassung abgestimmt werden.

Bei den Toten handelt es sich nach dpa-Informationen um einen Anhänger der Muslimbruderschaft, vier Anhänger der Opposition und Hussein Abu Dheif, einen Pressefotografen der unabhängigen ägyptischen Zeitung "Al-Fagr". Der Fotograf sei mit einem Kopfschuss in ein Krankenhaus eingeliefert worden und dort später gestorben, hieß es. Mitglieder der Journalistengewerkschaft erstatteten nach Angaben der Zeitung Anzeige gegen führende Funktionäre der Muslimbruderschaft. Sie werfen ihnen vor, die gewaltsamen Proteste provoziert zu haben.

In Berlin rief Außenminister Guido Westerwelle (FDP) die Konfliktparteien in Ägypten zum Dialog auf. Beide Seiten müssten "auf eine politische Lösung hinarbeiten, damit diese Kontroverse überwunden werden kann", sagte Westerwelle in Berlin. Zugleich äußerte er sich "bestürzt" über die jüngste Entwicklung. Mit dem Verfassungsprozess solle Ägypten eigentlich geeinigt werden. Zunehmend sei damit jedoch eine "gesellschaftliche und politische Spaltung" verbunden.

Die Kairoer Tageszeitung "Al-Shorouk" berichtete auf ihrer Webseite, ein weiterer Berater des Präsidenten habe aus Protest gegen die Gewalt auf den Straßen seinen Rücktritt erklärt. Mohammed Esmat Seif al-Daula ist damit der siebte Berater von Mursi, der sein Amt niederlegt.

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