Müntefering und Lafontaine: Im Visier von Spitzeln

Mit Kamera und Bewegungsmelder: Der „Stern“ berichtet, dass eine Agentur im Auftrag einer Illustrierten das Privatleben von Politikern ausspioniert hat - mit fragwürdigen Methoden.
von  Abendzeitung
Oskar Lafontaine und Franz Müntefering
Oskar Lafontaine und Franz Müntefering © dpa

HAMBURG - Mit Kamera und Bewegungsmelder: Der „Stern“ berichtet, dass eine Agentur im Auftrag einer Illustrierten das Privatleben von Politikern ausspioniert hat - mit fragwürdigen Methoden.

"Schön, dass er wieder lachen kann“, berichtete „Bunte“ am 7. Mai 2009 über Franz Müntefering. Als Grund für sein Lachen nannte die Zeitschrift die junge Michelle Schumann - heute ist sie seine Ehefrau, doch damals kannte noch niemand die Nachricht von der neuen Liebe. Jetzt behauptet das Magazin „Stern“, dass Müntefering bereits seit Ende 2008 regelrecht ausspioniert worden sei: Von der Foto- und Rechercheagentur CMK, im Auftrag der „Bunten“. Ehemalige Mitarbeiter berichten von äußerst fragwürdigen Methoden, mit denen auch Oskar Lafontaine und Horst Seehofer ausgespäht worden seien. Die Chefredakteurin von Bunte, Patricia Riekel, bestätigt zwar, die Agentur beauftragt zu haben. „Über unlautere Methoden ist Bunte nichts bekannt.“ Bunte will jetzt juristische Schritt gegen den „Stern“ einleiten – es handle sich um Verleumdung.

Der „Stern“ stützt sich auf Unterlagen der Firma CMK und zwei ehemalige Mitarbeiter der Agentur: den Journalisten Thomas Walter und den Ex-Feldwebel beim Stasi-Wachregiment „Feliks Dzierzynski“, André Plath. Demnach sollen sie nicht nur vor Müntes Wohnung gelauert haben, sondern auch eine Wohnung gegenüber angemietet haben. Laut Plath wurde außerdem ein Melder für die Fußmatte Münteferings bestellt. Im April 2009 verfolgte Plath die junge Frau den ganzen Tag. „Im ICE saß ich eine Reihe hinter ihr“, berichtet er.

Ab dem Frühjahr 2008 war auch Oskar Lafontaine im Visier der CMK. Die Agentur sollte die angebliche Beziehung von Lafontaine zu Sarah Wagenknecht recherchieren. Laut „Stern“ trug die Aktion bei der CMK den internen Namen „Scarface“, also „Narbengesicht“, in Anspielung auf Lafontaines Narbe, die er seit einem Messerattentat 1990 hat.

Die Informanten berichten, ein CMK-Mitarbeiter hätte sich um ein Praktikum in der Fraktion der Linken bemüht und man habe geplant, eine Kamera zu installieren, die das Wohnzimmer Lafontaines überwacht. Die Aktion sei dann aber abgeblasen worden, weil sich der Verdacht nicht erhärtet habe. Die CMK ist eine Foto- und Rechercheagentur in Berlin. Im Internet sind zurzeit die Seiten zu den Recherchediensten nicht verfügbar - „wegen eines Serverfehlers“. Laut „Stern“ ist das erst seit deren Anfrage so. Aus den Abrechnungsunterlagen, die dem Magazin vorlägen gehe hervor, dass die „Bunte“ allein im Jahr 2008 gut 242.000 Euro an CMK gezahlt haben.

Frauke Anker, die Geschäftsführerin des Bayerischen Journalistenverbandes, lehnt die genannten Methoden strikt ab. „Das sind keine Formen der journalistischen Recherche. Mit solchen Methoden kommt der Journalismus auf den Hund, zumal die Berichterstattung rein auf die Privatsphäre der Betroffenen abzielte und keinerlei politische Relevanz hat.“

Der Burda-Konzern, zu dem „Bunte“ gehört, wehrt sich. Man habe zwar die Agentur in den drei genannten Fälle beauftragt, heißt es in einer Erklärung. Es sei üblich, externe journalistische Dienstleister zu engagieren. „Über unseriöse Methoden“ sei „Bunte“ aber nichts bekannt, der Artikel sei „diffamierend.“ Im Fall Lafontaine habe man den Auftrag zurückgezogen, „weil sich die Hinweise nicht verifizieren ließen“. Im Fall Müntefering habe der SPD-Politiker „beschlossen, seine Beziehung öffentlich zu machen“ und im Fall Seehofer habe sich „die Geliebte entschlossen, mit Bunte zu sprechen.“

In der Erklärung heißt es auch, dass Stefan Kießling, der Chef der Agentur CMK, versichert, dass es die genannten Methoden nicht gegeben habe. Er habe sich von den zwei Mitarbeitern, die in dem Magazin zitiert sind, „im April 2009 im Streit getrennt“.

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