"Man weiß nicht, ob die Stadt brennt“: Münchner Politiker in Kriegsangst in Tel Aviv

Weil der Flugverkehr eingestellt ist, sitzt der Münchner Bundestagsabgeordnete Sebastian Roloff (SPD) in Israel fest. Mit der AZ hat er über Nächte im Schutzraum, Sirenen-Alarm und seine Gefühle gesprochen.
Natalie Kettinger
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Die isralische Luftabwehr nimmt über Tel Aviv iranische Raketen ins Visier.
Die isralische Luftabwehr nimmt über Tel Aviv iranische Raketen ins Visier. © AFP

Eigentlich wollte Sebastian Roloff am Sonntag wieder in Deutschland sein – doch wegen des Krieges in Nahost sitzt der Münchner SPD-Bundestagsabgeordnete fest.

In der israelischen Hauptstadt Tel Aviv. Der Flugverkehr ist aus Sicherheitsgründen eingestellt.

„Die Situation in so einem Schutzraum ist schon irritierend“, sagt Roloff

Einen Teil der Nacht habe er im Schutzraum seines Hotels im Zentrum verbracht, erzählt der 42-Jährige, als ihn die AZ dort am Sonntagmorgen erreicht. Insgesamt vier Mal hätten die Sirenen geheult, ein Mal habe der Iran die Metropole tatsächlich mit Raketen angegriffen.

„Die Situation in so einem Schutzraum ist schon irritierend“, sagt Roloff. „Draußen knallt es die ganze Zeit, aber man sieht nicht, was vor sich geht. Man weiß nicht, ob um einen herum gerade die Stadt abbrennt, oder der Iron Dome die Geschosse abfängt.“ Das sei durchaus gruselig.

Sebastian Roloff im Schutzraum seines Hotels.
Sebastian Roloff im Schutzraum seines Hotels. © privat

Der Münchner: "Die Situation erinnert mich ein bisschen an die Zeiten der Corona-Pandemie"

Gleichzeitig stumpfe man mit jedem neuen Alarm ein bisschen mehr ab, wobei immer eine Grundaufmerksamkeit bleibe: „Wenn zum Beispiel ein Auto mit quietschenden Reifen anfährt, hört sich das für mich so an, als ob die Sirene losgeht. Da bin ich dann schon in Habacht-Stellung.“ Auch wenn es scheppere, frage man sich, ob gerade irgendwo etwas eingeschlagen habe. „Ein Grundrauschen ist also schon da - aber es geht mir den Umständen entsprechend gut.“

Erinnerungen an die Corona-Zeit werden wach: Im Zentrum von Tel Aviv sind nur wenige Menschen unterwegs.
Erinnerungen an die Corona-Zeit werden wach: Im Zentrum von Tel Aviv sind nur wenige Menschen unterwegs. © AFP

Roloff war am Mittwoch nach Israel gereist, für private Besuche und politische Gespräche. Doch seit Freitag ist daran nicht mehr zu denken. „Das öffentliche Leben steht still, die meiste Zeit des Tages soll man in der Nähe eines Bunkers bleiben. Die Situation erinnert mich ein bisschen an die Zeiten der Corona-Pandemie: Man ist froh, wenn man mal eine Stunde spazieren gehen oder sich in ein Café setzen darf.“

90 Sekunden bevor die Sirenen losgehen, kommt eine Warnung aufs Handy

Die Alarmierung der Bevölkerung laufe sehr professionell ab, sagt der Münchner. „90 Sekunden, bevor die Sirenen losgehen, bekommt man eine Warnung per Handy und wird darüber informiert, wann man den Schutzraum wieder verlassen kann. Seit ich hier bin, ist jede Rakete von einem solchen Alarm begleitet worden.“ Das laufe alles sehr routiniert ab.

Die Bevölkerung sei sehr resilient, erzählt er weiter. Manche Menschen seien davon genervt, ständig aus dem Schlaf gerissen zu werden. Viele befürworteten den Angriff auf den Iran und kritisierten die militärische Antwort der Mullahs: „Es ist ein Unterschied, ob man Militäranlagen angreift, oder ob man wahllos Hunderte Raketen und Drohnen auf Großstädte abfeuert. Diese Kritik kann ich nachvollziehen.“

Wann Sebastian Roloff nach Hause kann? "Das zeichnet sich noch nicht ab"

Wann und wie er Israel verlassen kann, weiß Sebastian Roloff noch nicht. Die deutsche Botschaft kümmere sich um die Bundesbürger im Land. Mögliche Wege über die Nachbarländer oder das Mittelmeer würden geprüft. „Wäre ich Mitte der Woche wieder in Deutschland, wäre ich sehr dankbar - aber das zeichnet sich noch nicht ab.“

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