„München soll wieder Drehkreuz werden“
Die Grenzlandkreise sind langsam mit der Flüchtlingskrise überfordert.
Den vergangenen Dienstag wird die Bundespolizei so schnell nicht vergessen. Bis Mitternacht kamen rund 5500 Flüchtlinge meist mit Bussen an den Grenzübergängen zu Österreich zwischen Wegscheid (Kreis Passau) und Simbach am Inn (Kreis Rottal-Inn) an. „Es war der Wahnsinn“, schildert ein Polizist die Situation.
Seit Tagen sind die Unterkünfte im Raum Passau überfüllt, in den anderen Grenzlandkreisen ist die Situation nicht besser. Auch gestern sind wieder Busse aus Österreich mit Flüchtlingen angekommen – laut Bundespolizei sollen es rund 75 Stück gewesen sein.
In München gibt es derzeit Kapazitäten zur Unterbringung
Die Grenzlandkreise können die Last der Flüchtlingskrise bald nicht mehr tragen. Einer, der darauf schon fast gebetsmühlenartig immer wieder hinweist und die Staatsregierung um Hilfe bittet, ist der Passauer Oberbürgermeister Jürgen Dupper (SPD). Er übt scharfe Kritik am Ton der Staatsregierung und ihrem Krisenmanagement. Er verlangt, dass der Hauptbahnhof der Landeshauptstadt München als Drehkreuz wiedereröffnet wird, um Passau zu entlasten.
Schützenhilfe erhält Dupper aus der Stadt München. Angesichts der dramatischen Lage der Flüchtlinge an den bayerisch-österreichischen Grenzen hat die Stadtratsfraktion „Die Grünen“ erneut gefordert, die in München vorhandenen Kapazitäten zur Versorgung der Flüchtlinge wieder in Betrieb zu nehmen. Fraktionsvorsitzende Gülseren Demirel kritisierte beim BR die Zustände als „krasses Beispiel von Staatsversagen.“ Die Weigerung der bayerischen Staatsregierung, die Flüchtlinge nach München zu bringen, schaffe chaotische und menschenunwürdige Zustände.In der Landeshauptstadt seien genügend Kapazitäten vorhanden, um die Grenz-Landkreise und die dortigen Kommunen zu entlasten. Wie seine Sprecherin der AZ bestätigt, hat Oberbürgermeister Dieter Reiter Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) bereits vor Wochen Hilfe angeboten, sofern Kapazitäten frei sind.
Laut BR sagte Sozialreferentin Brigitte Meier, es gebe sowohl in Dornach als auch in Erding Kapazitäten zur Aufnahme von Flüchtlingen. Auch die Notunterkunft an der Richelstraße steht derzeit gähnend leer, dafür wären fast 5000 ehrenamtliche Helfer abrufbereit. Doch von der Staatsregierung kam bisher keine Reaktion auf das Hilfsangebot.
Grüne wollen „Politik der Abschottung“ nicht mittragen
Auch die Landtagsgrünen haben in einem Antrag gefordert, München wieder zum Drehkreuz der Flüchtlingsverteilung zu machen. In dem Schreiben, das sie selbst als „Sieben-Punkte-Plan gegen die Planlosigkeit“ bezeichnen, kündigen sie an, dem Kurs der Staatsregierung in Sachen Flüchtlingspolitik nicht mehr in allen Punkten zu folgen. Die Fraktionsvorsitzenden Margarete Bause und Ludwig Hartmann sagten dazu: „An einem Wettbewerb um die effektivste Abschottung beteiligen wir uns nicht.“ Die Grünen betonten, es müssten schnell winterfeste Unterkünfte für Schutzsuchende in allen bayerischen Kommunen bereitgestellt werden. Dazu gehöre auch, dass das schon seit Langem geforderte Verzeichnis aller für die Beherbergung von Flüchtlingen geeigneten öffentlichen und gewerblichen Immobilien vorgelegt werde. Diese müssten schnellstmöglich für die Flüchtlinge bereitgemacht werden.