Mitglieder-Boom bei der SPD: Neueintritte wie sonst in drei Wochen - der Schulz-Effekt

Schulz ist stärker als Trump: Innerhalb von nur drei Tagen sind so viele Menschen neu in die SPD eingetreten wie sonst in drei Wochen. In München sind sogar die Parteibücher ausgegangen.
Es läuft bei der SPD (wenn man vom Spenden-Skandal in Regensburg einmal absieht): Wäre diesen Sonntag Bundestagswahl, könnten die Sozialdemokraten laut ZDF-Politbarometer mit einem Plus von drei Punkten auf 24 Prozent zulegen.
Hinzukommt: Seit am Dienstag öffentlich geworden ist, dass Martin Schulz die Genossen in den Wahlkampf führen wird, sind etliche Menschen neu in die Partei eingetreten. Bundesweit beantragten rund 600 Politik-Interessierte online ein Parteibuch. Normalerweise registrieren die Sozialdemokraten in einem ganzen Monat etwa 1000 Neumitglieder.
Im Freistaat wurden von Dienstag bis Freitag 64 Menschen zu Angehörigen der SPD. "Das sind so viele wie sonst in drei Wochen", sagt Pressesprecher Ino Kohlmann. In den anderen Bundesländern sei die Lage ähnlich. In Nordrhein-Westfalen füllten im selben Zeitraum 160 Menschen ein Online-Beitrittsformular aus, in Baden-Württemberg waren es 72 und in Hessen 70.
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Andrang in München: Parteibücher-Engpass
Die Münchner hat der Mitglieder-Ansturm bereits in "Lieferschwierigkeiten" gebracht. "Bei der SPD München sind die Parteibücher ausgegangen...", schreiben die Genossen auf Facebook und posten dazu ein Foto, auf dem ein Stapel frisch ausgestellter Exemplare zu sehen ist. "Keine Sorge", sagt Bundestags-Kandidat Bernhard Goodwin. "Man kann weiterhin beitreten und die Bücher werden ganz schnell nachbestellt."
Schon nach der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten hatten sich die demokratischen deutschen Parteien über ungewöhnlich viele Eintritte gefreut, auch die SPD. "In der Woche nach Trump haben wir 33 Neumitglieder gezählt. Aber diesmal sind es 34 in nur drei Tagen", sagt Goodwin. "Schulz ist stärker als Trump."
Die Parteien brauchen "ganz normale Leute"
Lukas Westner aus Pfaffenhofen an der Ilm war vermutlich einer der ersten, die reagiert haben. "Eine Stunde nachdem bekannt geworden ist, dass Martin Schulz Kanzlerkandidat wird, bin ich eingetreten", erzählt der 29-jährige Grafiker. "Er ist einfach der bessere. Ich schätze ihn als Visionär ein mit Weitsicht und Überblick über die Situation in Europa. Er kennt das System – und seine Fehler."
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Lukas Westner hätte auch einfach sein Kreuzchen bei den Genossen machen können. Doch er sagt: "Das gesellschaftliche Klima ist extremer geworden. Da schadet es nicht, wenn ganz normale Leute in Parteien eintreten, mit denen man ganz normal diskutieren kann." Eine Meinung, die derzeit offenbar viele teilen.