Minister ist müde - aber Seehofer lässt Glos nicht gehen

Der Rücktrittswunsch von Wirtschaftminister Glos hat die Große Koalition überrumpelt. Während Seehofer Nein sagt, äußert sich die Kanzlerin gar nicht und die Grünen halten die CSU in der Koalition ohnehin für überflüssig.
von  Abendzeitung
CSU-Chef Horst Seehofer attackiert die SPD
CSU-Chef Horst Seehofer attackiert die SPD © dpa

BERLIN - Der Rücktrittswunsch von Wirtschaftminister Glos hat die Große Koalition überrumpelt. Während Seehofer Nein sagt, äußert sich Bundeskanzlerin Angela Merkel gar nicht und die Grünen halten die CSU in der Koalition ohnehin für überflüssig.

Das Rücktrittsangebot von Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) und dessen prompte Ablehnung durch CSU-Chef Horst Seehofer hat die schwarz-rote Bundesregierung am Samstag völlig überrascht. Von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gab es zunächst keine Reaktion auf das Hickhack in der Schwesterpartei. Sie war zuvor von beiden persönlich informiert worden. Eine rasche Ablösung des amtsmüden Ministers forderten die Grünen.

Der 64-jährige Glos hatte in einem der «Bild am Sonntag» vorliegenden Brief an Seehofer angesichts der Bundestagswahl im Herbst auf sein Alter und die notwendige Reform der CSU verwiesen. Nach dem schwachen Abschneiden der Partei bei der bayerischen Landtagswahl seien «Erneuerung, Gestaltungskraft und Glaubwürdigkeit mehr denn je gefragt.» Er bitte daher um seine sofortige Ablösung. Nach dpa-Informationen aus Unionskreisen soll jedoch das zerrüttete Verhältnis von Glos' zu Seehofer Mitauslöser für das Rücktrittsgesuch gewesen sein. Seehofer lehnte das Angebot am Samstagabend in München umgehend ab. «Ich habe Michael Glos in einem Telefonat mitgeteilt, dass ich dieser Bitte nicht entspreche.» Er werde die Beweggründe, die Glos in einem Brief an ihn dargelegt habe, «in einem persönlichen Gespräch mit ihm erörtern». Der Minister genieße sein Vertrauen, sagte Seehofer knapp. Glos verweigerte am Abend beim «Ball des Sports» in Wiesbaden eine Stellungnahme.

Das gewichtige Wort des CSU-Chefs

Formal ist Merkel als Kanzlerin für die Besetzung des Kabinetts zuständig. Dem Wort des CSU-Parteivorsitzenden kommt allerdings eine wichtige Bedeutung für die Besetzung eines der CSU «zustehenden» Ministerien zu. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Renate Künast sagte unter Anspielung auf das RTL-Dschungelcamp: «Es ist schädlich für Deutschland, einen Wirtschaftsminister zu halten, der selber meint: «Holt mich hier raus».» Der bayerische SPD-Fraktionschef Franz Maget forderte die CSU zum kompletten Ausstieg aus der Bundesregierung auf. «Die CSU wird in der großen Koalition nicht mehr gebraucht», sagte Maget nach Angaben eines Sprechers. Glos ist seit 2005 der erste CSU-Bundeswirtschaftsminister in der bundesdeutschen Geschichte. Zuvor hatte der damalige CSU-Chef Edmund Stoiber nach der vorgezogenen Bundestagswahl einen Wechsel als Wirtschaftsminister nach Berlin abgelehnt. Der gelernte Müllermeister Glos gilt als Vertreter einer konservativ ausgerichteten Wirtschaftspolitik, der aber in der großen Koalition nur wenige Akzente setzen konnte. Vor seiner Tätigkeit als Minister war er zwölf Jahre lang Chef der CSU-Landesgruppe. (dpa)

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