Millionen-Kürzungen bei den deutschen Bauern

BRÜSSEL - Die neue Ministerin Ilse Aigner und ihr erster großer Kampf: Die EU reformiert in einem nächtlichen Verhandlungs-Marathon das Agrarsystem. Die wichtigsten Ergebnisse...
Es war der erste große Einsatz für die neue Ministerin Ilse Aigner – und ihre Bilanz ist durchwachsen: Die EU-Agrarminister haben sich in einer nächtlichen Marathonsitzung auf starke Kürzungen der milliardenschweren Agrarsubventionen geeinigt.
Die Kürzungen: Die Kürzung der jährlichen Direkthilfen um fünf Prozent war bereits beschlossen – nun einigte sich die Minister-Runde darauf, dass der Abschlag bis 2013 schrittweise auf zehn Prozent erhöht wird. Dieser neue Beschluss bedeutet für die 380 000 deutschen Bauern ein Minus von 225 Millionen Euro pro Jahr. Bisher bekommen sie jährlich 5,4 Milliarden Euro aus Brüssel.
Die Großbauern: Hier gibt Sonder-Abschläge: Große Höfe, die mehr als 300 000 Euro Direkthilfen pro Jahr bekommen, müssen ein Extra-Minus von vier Prozent in Kauf nehmen – macht ingesamt 14 Prozent weniger. Die EU-Kommission wollte sogar 22 Prozent durchsetzen, doch dagegen wehrte sich die deutsche Ministerin. Dies betrifft vor allem Ostdeutschland: Dort stehen 1750 der 1790 betroffenen Höfe. Sie reagierten entsetzt auf die Sonderkürzung – das Ministerium erklärte aber, sie könnten froh sein, dass sie nicht noch höher ausfällt.
Die Milchquote: Trotz heftiger Gegenwehr konnte Aigner die Ausweitung der Milchquote nicht verhindern. Die EU will diese Obergrenze für die Milchproduktion vor ihrem kompletten Auslaufen 2015 schon mal schrittweise erhöhen. Da der Milchpreis jetzt schon sinkt, befürchten die Bauern noch weiter fallende Preis. Bauernverbände und die bayerische Regierung zeigten sich gestern entsprechend entsetzt. Für den Verbraucher haben sinkende Preise allerdings auch Vorteile. Aigner konnte immerhin durchsetzen, dass die Quoten-Anhebungen 2010 und 2012 nicht automatisch kommen, sondern auf die Marktlage hin überprüft werden.
Der Milchfonds: Ein Erfolg für Aigner – Deutschland bekommt einen Sonderfonds für Milchbauern in „schwierig zu bewirtschaftenden Regionen“ (lies: Alpen). Er wird gespeist aus den Kürzungen bei den Direktzahlungen.
Die Ministerin: Für die junge CSU-Frau war es die Feuertaufe – 17 Stunden Marathonverhandlungen, die ganze Nacht durch bis acht Uhr morgens; zweimal wurde sie von Kommissarin Marianne Boel zum Vier-Augen-Gespräch in das sogenannte Beichtstuhlverfahren gebeten. Der amtierende Ministerratsvorsitzende Michel Barnier zollte ihr Respekt: "Sie ist sehr effizient und hartnäckig." Aigner: „Es hat unter dem Strich einen Erfolg gebracht, auch wenn nicht alle meine Wünsche erfüllt worden sind.“
tan