Milliarden von Mutti

Wahlgeschenke für Mütter und Mieter, Familien und Autofahrer. Angela Merkel kupfert sogar Forderungen der SPD ab, um den Sieg im September zu sichern  
von  Matthias Maus

Wahlgeschenke für Mütter und Mieter, Familien und Autofahrer. Bundeskanzlerin Angela Merkel kupfert sogar Forderungen der SPD ab, um den Sieg im September zu sichern

Berlin Es ist Wahlkampf, und Frau Merkel zieht die Spendierhosen an. Die Bundeskanzlerin hat durchblicken lassen, mit welchen Geschenken sie die Wähler für ihre Wiederwahl am 22. September belohnen will: Mütter und Mieter, Verkehrsteilnehmer und Arbeitnehmer, für alle ist was dabei – und es kostet so um die 30 Milliarden Euro.

In einer Video-Konferenz verriet die CDU-Chefin Details, die das „Handelsblatt“ durchgerechnet hat. „Es wird eine teure Wahlparty“, schreibt das Blatt. Ärgerlich für Finanzminister und Parteifreund Wolfgang Schäuble, ärgerlicher noch für die SPD, bei deren Ideen sich Bundeskanzlerin Angela Merkel ausgiebig bedient hat.

Mieten

Die Mietpreisbremse ist ein Vorschlag, mit dem die Sozialdemokraten bisher auf Granit bissen bei Schwarz-Gelb. Jetzt sagt Merkel: „Wir wollen in unser Programm einführen, dass Vermieter bei Neuvermietungen nur begrenzt die Miete erhöhen dürfen.“ Konkreter wurde sie nicht. Bisher gilt die Bremse laut Mietrecht nur im Bestand. Nicht mehr um 20, sondern nur um 15 Prozent binnen drei Jahren dürfen Vermieter die Miete erhöhen, wenn die Länder das beschließen.

Familien

„Wir wollen den Kinderfreibetrag so hochsetzen wie für die Erwachsenen“, sagt Merkel und überholt damit die SPD links. 2014 solle der Kinderfreibetrag von jetzt 7008 auf 8354 Euro angehoben werden. Außerdem solle das Kindergeld um 35 Euro steigen. Laut Bundesfinanzministerium belastete diese Erhöhung die Staatskasse mit 7,5 Milliarden Euro. Ökonomen sehen höheres Kindergeld kritisch. Das demotiviere Mütter, früher wieder ins Berufsleben einzusteigen. Die tatsächlichen Kosten für den Staat seien wegen ausfallender Steuern und Sozialbeiträge doppelt so hoch, sagt der ifo-Fachmann Helmut Rainer.

Mütterrente

Mütter mit Kindern, die vor 1992 geboren sind, werden bei der Rentenberechnung benachteiligt. Das macht pro Kind 90 Euro weniger Rentenanspruch aus im Vergleich zu Müttern jüngerer Kinder. „Wünschenswert, aber nicht finanzierbar“, nannte Finanzminister Schäuble die alte Forderung der Frauenunion, diese Ungerechtigkeit aufzuheben. Jetzt sagt Bundeskanzlerin Angela Merkel: „Wir werden das ins Wahlprogramm aufnehmen.“ Es werde „eine deutliche Aufbesserung sein“. Völlige, sofortige Gleichstellung würde 2014 schon 13,2 Milliarden kosten. Kämen nur künftige Rentnerinnen in den Genuss des Wahlversprechens, wären das pro Jahr sieben Milliarden zusätzlich.

Erwerbsminderung

Bis zu 7,7 Milliarden Euro Mehrkosten fielen bei geänderten Bemessungsgrundlagen für die Erwerbsminderungsrenten an. Dies ist ein Anliegen der Arbeitnehmer in der CDU, Merkel hat sie versprochen. Auch der Frührentenabschlag, der den Rentenanspruch bisher mindert, soll schrittweise wegfallen.

Verkehr

Breitbandnetze, Brücken, Hochschulen: „Für diese Bereiche wird es mehr sein“, sagt Merkel: Vier Milliarden in der nächsten Legislatur sollen es sein.

Die SPD gibt sich gelassen. „Leere Wahlversprechen“, sagt SPD-Vize Manuela Schwesig, und Parteichef Gabriel nennt Merkel eine „sympathische Anscheinerweckerin“. Finanzminister Schäuble reagiert leicht sauertöpfisch auf die 30 Milliarden-Versprechen seiner Chefin: Er beschwört das Ziel eines ausgeglichenen Haushalts und die „nachhaltige Begrenzung des Anstiegs der staatlichen Ausgaben“. mm

 

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