Merkels Tafelrunde: Die große Minister-Bilanz
Berlin - Pkw-Maut, Vorratsdatenspeicherung, Schwarze Null oder Bundeswehr-Reform - Bundeskanzlerin Angela Merkel Minister gerieten in den vergangenen Jahren wegen unterschiedlichster Dinge in die Schlagzeilen.
Ein Blick auf die Mitglieder des Kabinetts Merkel III in alphabetischer Reihenfolge: Wie haben sie sich geschlagen?
PETER ALTMAIER (59/CDU)
Der Kanzleramtsminister gilt als enger Vertrauter von Merkel - und ist in der Schwesterpartei CSU alles andere als unumstritten. Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise gab es immer wieder Vorwürfe, er nehme sich seiner Rolle als Flüchtlingskoordinator zu wenig an. Erst zuletzt, als die Bundestagswahl näher rückte, geriet der Hobbykoch aus dem Saarland aus der Schusslinie der Bayern. Die fallenden Flüchtlingszahlen spielten dem obersten Manager der Regierungsarbeit in die Karten. So dürfte er weiter im Kabinett gesetzt sein.
KATARINA BARLEY (48/SPD)
Viel Zeit hatte die SPD-Politikerin nicht, um sich im Amt der Familienministerin zu profilieren. Als Nachfolgerin von Manuela Schwesig kam sie erst im Juni ins Kabinett. Davor war sie Generalsekretärin der SPD, und in der Partei hatte es Zweifel gegeben, ob sie die richtige Wahlkampfmanagerin sein würde. Nach der Wahl will sie als Ministerin weitermachen.
ALEXANDER DOBRINDT (47/CSU)
Seinen Wechsel ins Verkehrsressort beschrieb er scherzhaft als "Resozialisierung". Hart im Feuer stand er aber auch im Ministeramt. Allen Unkenrufen zum Trotz brachte er das CSU-Vorzeigeprojekt Pkw-Maut politisch ins Ziel - die Einführung klappt jedoch nicht mehr vor der Wahl. An seinem Krisenmanagement im Diesel-Abgasskandal lassen Umweltschützer und Opposition kein gutes Haar. Nach der Wahl könnte Dobrindt wieder zum Generalisten werden. Hoch gehandelt wird er als künftiger CSU-Landesgruppenchef in Berlin.
SIGMAR GABRIEL (57/SPD)
Der Vizekanzler hat als Außenminister bisher nur ein halbes Jahr Zeit gehabt, sich zu profilieren. Das reichte aber, um sich mit den Präsidenten der Türkei, Israels und der USA anzulegen. Auf seinem Konto kann er vor allem den neuen Kurs der Bundesregierung gegenüber der Türkei verbuchen (siehe Seite 11) . Nach der Wahl würde Gabriel sein Amt gerne behalten. Kanzlerkandidat Martin Schulz könnte bei einer Wahlniederlage aber selbst Ambitionen auf das Außenamt haben.
HERMANN GRÖHE (56/CDU)
Geringschätzig heißt es in der Szene, Gröhe habe als Gesundheitsminister nur abgearbeitet, was ihm andere in den Koalitionsvertrag geschrieben hätten. Doch das hat er ganz gut gemacht. Die Ausweitung der Pflegeleistungen und die Reform der Pflegeausbildung können sich sehen lassen. Allerdings gab es auch eine Beitragserhöhung für die Pflegeversicherung. Weniger gut gelungen ist die Krankenhausstrukturreform.
BARBARA HENDRICKS (65/SPD)
"Steht das Schwein auf einem Bein, ist der Schweinestall zu klein" - mit den "Neuen Bauernregeln" amüsierte die Umweltministerin die Republik. Die SPD-Politikerin machte Schlagzeilen, wenn sie den CSU-Kollegen Dobrindt (Abgas-Affäre) und Schmidt (Glyphosat, Tierhaltung) reinreden wollte. Stolz ist sie darauf, die Suche nach einem Atommüll-Endlager auf einen geordneten Weg gebracht zu haben.
URSULA VON DER LEYEN (58/CDU)
Deutschlands erste Verteidigungsministerin startete mit radikalen Reformvorschlägen für den Rüstungssektor. Jetzt steckt sie in der tiefsten Krise ihrer politischen Laufbahn. Seit sie der Bundeswehr ein Haltungsproblem vorgeworfen hat, gilt ihr Verhältnis zur Truppe als zerrüttet. Ob Merkel sie noch als eine potenzielle Nachfolgerin sieht, ist unklar.
HEIKO MAAS (50/SPD)
Der Saarländer hat ein Händchen dafür, sich und seine Themen medienwirksam in Szene zu setzen - auch bei Fragen, die nicht in seine Zuständigkeit fallen. Er produzierte eifrig Gesetze. Ein Tiefpunkt für ihn: Zu Beginn der Wahlperiode profilierte er sich mit dem Widerstand gegen die Vorratsdatenspeicherung; später musste er diese dann doch auf den Weg bringen. Das bescherte ihm ein Glaubwürdigkeitsproblem.
THOMAS DE MAIZIÈRE (63/CDU)
Beim Innenminister bündelten sich die Mammutthemen der Wahlperiode. Die Flüchtlingskrise brachte ihn in Bedrängnis. Hinzu kamen Terrorattacken. Der Satz "Ein Teil dieser Antworten würde die Bevölkerung verunsichern" wird ihm noch lange nachhängen. Das meiste seiner Arbeit war eine Reaktion auf die Lage. Seine unaufgeregte Art hat sich de Maizière erhalten. Er hat viel Erfahrung in diversen Regierungsämtern. Ein Ressortwechsel wäre zu vermuten.
GERD MÜLLER (61/CSU)
Der Entwicklungsminister weiß, dass er sich anstrengen kann, wie er will: Sein Namensvetter, der "Bomber der Nation", bleibt berühmter. Entschuldigt hat er sich für seine Aussage, afrikanische Männer gäben zu viel Geld für "Suff, Drogen, Frauen" aus. Allerdings ist es Müller auch gelungen, den Entwicklungshaushalt um 35 Prozent zu erhöhen. Und er brachte neuen Schwung in die Afrika-Politik der Regierung.
ANDREA NAHLES (47/SPD)
Das IG-Metall-Mitglied bekam den Job der Arbeitsministerin - und nutzte ihn. Sie wurde zum Aktivposten in der SPD-Ministerriege. Mindestlohn, Verbesserungen bei Leiharbeit und Werksverträgen, Tarifeinheitsgesetz, Rente mit 63, Ost-West-Rentenangleichung bis 2025 sowie Verbesserungen bei Erwerbsminderungsrente - sie setzte vieles durch. Sie hat für die SPD in der Regierung die meisten Pluspunkte für mehr Gerechtigkeit gesammelt.
WOLFGANG SCHÄUBLE (74/CDU)
Er ist ein halbes Jahrhundert im Geschäft. Macht der Finanzminister weiter? Amtsmüde zeigt er sich nicht. Die Griechenland-Krise war für Schäuble das Thema. Und wird es bleiben, ebenso wie die schleppende Reform der Euro-Zone. 2014 stand unter ihm erstmals seit mehr als vier Jahrzehnten die schwarze Null im Haushalt. Beim Thema Steuerreform herrscht allerdings seit Jahren Stillstand.
CHRISTIAN SCHMIDT (59/CSU)
Er rückte 2014 für Hans-Peter Friedrich als Agrarminister nach. In der Milchpreiskrise sicherte Schmidt Millionenhilfen für die Bauern. Und brachte strengere Düngeregeln durch. Seine Initiativen für mehr freiwilligen Tierschutz im Stall attackieren aber nicht nur Naturschützer als zu zögerlich. Im Wahlkampf muss sich der CSU-Vize als Krisenmanager im Eierskandal bewähren.
JOHANNA WANKA (66/CDU)
Drei Ziele hatte sich die Bildungsministerin gesetzt: in der Forschungspolitik Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit ausbauen; das Wissenschaftssystem weiterentwickeln; mehr Bildungsgerechtigkeit. Letzteres ist ihr nur ansatzweise geglückt. Mit der "Exzellenzstrategie" für die Hochschulen brachte Wanka aber eines ihrer wichtigsten Vorhaben ins Ziel.
BRIGITTE ZYPRIES (63/SPD)
Als Gabriel Chefdiplomat wurde, suchte die SPD jemanden ohne Karriereansprüche. Zypries kandidiert nicht mehr für den Bundestag. Weil Gabriel den Vizekanzlerposten mit ins Auswärtige Amt nahm, bekam die Ex-Justizministerin den Bedeutungsverlust zu spüren. Für Auslandsreisen gab es keinen Regierungsflieger mehr. Das blieb im Ausland nicht verborgen. Der US-Handelsminister Wilbur Ross sparte sich einen Berlin-Besuch bei ihr.