Merkels Adenauer-Trip: „Keine Experimente“

Nach dem TV-Duell sinken die Zustimmungswerte für die Kanzlerin drastisch. Nun probiert die CDU es mit einer Tour in die Vergangenheit: mit dem Wahlkampfzug, der schon 1957 den Erfolg brachte
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Merkel auf den Spuren Adenauers
dpa Merkel auf den Spuren Adenauers

BONN/BERLIN - Nach dem TV-Duell sinken die Zustimmungswerte für Bundeskanzlerin Angela Merkel drastisch. Nun probiert die CDU es mit einer Tour in die Vergangenheit: mit dem Wahlkampfzug, der schon 1957 den Erfolg brachte

Bundeskanzlerin Angela Merkel auf Retro-Kurs: Nach dem Vorbild von Konrad Adenauer in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts hat Bundeskanzlerin Angela Merkel gestern Wahlkampf im legendären „Rheingold“-Zug gemacht – eine Verbeugung vor dem traditionellen konservativ-rheinisch-katholischen Milieu der West-CDU. Eine Reise nicht ohne Risiko: Nicht nur der SPD drängen sich Schlafwagen-zur-Macht-Witze auf. Auch in der Union geht immer mehr die Nervosität um, ob es für Schwarz-Gelb noch reicht.

Der Trip war vor allem eine Hommage an Konrad Adenauer: Er fand exakt am 60. Jahrestag seines Amtsantritts statt, er begann mit einer Kranzniederlegung an seinem Grab in Rhöndorf – und er kopierte seine Art des Wahlkampfs: Auch Adenauer war im „Rheingold“ durch Deutschland gereist und hatte auf den Bahnhofsvorplätzen geredet – so wie gestern Merkel.

Die Zugtour solle Menschen ansprechen, die sich noch an Adenauer erinnern oder viel mit dieser Ära verbinden, heißt es bei der CDU – sozusagen alte Welt statt Web 2.0. Und es ist eine Botschaft der ostdeutschen Kita-Ausbau-Protestantin an einen vernachlässigten Flügel der CDU. Auch deswegen war der erste Stopp in Rheinland-Pfalz – eine Reminiszenz an Helmut Kohl.

„Keine Experimente!“, rief sie denn auch als Botschaft in die Menge vor dem Bahnhof von Koblenz – mit genau diesem Slogan hatte Adenauer 1957 die absolute Mehrheit für die Union geholt. Merkel: „Deutschland muss jetzt aus der Krise geführt werden. Wir brauchen dafür stabile Verhältnisse. Wir können uns keine Experimente erlauben.“

Und weiter ging’s im „Salonwagen 10205“. Er war 1937 für die Nazi-Größe Hermann Göring gebaut worden, der ihn aber nur kurz nutzte. 1945 wurde der Waggon mit den Plüschsitzen von den Allierten beschlagnahmt. Ab 1953 nutzte ihn Adenauer, einmal sogar vier Wochen am Stück im Wahlkampf. Sogar in den Urlaub nach Italien fuhr er damit. Später fuhr auch SPD-Kanzler Willy Brandt gerne damit. Heute kann man ihn mieten: Zuletzt war er bei einer „8-Tage-Sonderzugreise Pörtschach am Wörthersee“ (999 Euro) unterwegs.

Weitere Stationen waren gestern Frankfurt und Erfurt (wo zeitgleich ausgerechnet SPD-Herausforder Steinmeier sprach) und als Zielbahnhof am Abend Berlin.

Ob der Weg zum Machterhalt auch so fahrplanmäßig verläuft, daran gibt es immer mehr Zweifel: Gerade nach dem Duell fragt man sich auch in der CDU, ob der präsidiale Wahlkampf noch ausreicht. Für Schrecken sorgte eine Umfrage des ZDF, die einen Tag nach dem Duell gemacht wurde. Das heißt, sie berücksichtigt auch, wie die Nachlese auf die Nichtseher gewirkt hat. Und danach fällt Merkel in der Kanzler-Frage drastisch um zwölf Prozentpunkte von 61 auf 49 Prozent Zustimmung. tan

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