Merkel und Seehofer laden zu Sondierungsgesprächen ein

Berlin - Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat nach dem mühsam gefundenen Flüchtlings-Kompromiss mit der CSU konkrete Gespräche über eine Jamaika-Koalition angekündigt. Am Mittwoch nächster Woche sind getrennte Treffen mit der FDP und den Grünen geplant, wie Merkel am Montag bei einer Pressekonferenz mit CSU-Chef Horst Seehofer in Berlin sagte. Am folgenden Freitag lädt die Union dann zu einer gemeinsamen Sondierung mit beiden möglichen Partnern.
Merkel wie Seehofer, beide sichtlich müde und mitgenommen von der langen Verhandlungsnacht, würdigten gestern die nach jahrelangem Streit über eine Flüchtlings-Obergrenze erreichte Linie.
Merkel: "Jede Seite ist aufeinander zugegangen"
Merkel sprach von einem "klassischen Kompromiss". "Jede Seite ist aufeinander zugegangen." Die Schwesterparteien hatten sich am Sonntagabend auf das Ziel geeinigt, maximal 200.000 Flüchtlinge pro Jahr aufzunehmen (AZ berichtete). Der Kompromiss sieht aber Ausnahmen für Sondersituationen vor. Außerdem bekennen sich CDU und CSU zum Recht auf Asyl im Grundgesetz und zur Genfer Flüchtlingskonvention. Merkel betonte, es sei gewährleistet, dass auch der erste Flüchtling über der Marke von 200.000 ein "ordentliches Verfahren" bekomme.
Seehofer sieht ein tragfähiges "Kursbuch" für die Flüchtlingspolitik der kommenden Jahre. Der Kompromiss greife besonders dann, wenn etwa die Arbeitslosigkeit in Deutschland wieder zunehme oder gar ein Krieg die Lage verschärfen sollte, sagte der bayerische Ministerpräsident. In diesen Fällen müsse der Bundestag über das weitere Vorgehen entscheiden.
Auf die Frage, warum der von der CSU vehement geforderte Begriff einer "Obergrenze" in der Einigung nicht genannt werde, sagte Seehofer: "Für mich ist entscheidend der materielle Gehalt des Vereinbarten." Merkel hatte eine starre Obergrenze strikt abgelehnt. Die Kanzlerin sagte, als nächstes sei zu bewerten, wie FDP und Grüne auf die Unions-Position reagieren. Während die Liberalen die Einigung von CDU und CSU begrüßten, kündigten die Grünen bereits Widerstand gegen die Zuwanderungspläne an.
Scheuer: Grüne sollten "zur Realität zurückkehren"
CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer hat die Öko-Partei deshalb dazu aufgerufen, "zur Realität zurückzukehren". "Realitätsverlust mit offenen Grenzen, jeder kann zu uns kommen ohne Regel, wird es in einer nächsten Koalition nicht geben. Und das müssen sich die Grünen überlegen, ob sie da springen", sagte Scheuer gestern im ZDF-Morgenmagazin. Am Nachmittag betonte er dann erneut, dass die CSU auf die ausgehandelte Begrenzung der Zuwanderung beharren werde. "Unsere Einigung gilt."
Scheuer zeigte sich dennoch optimistisch vor den Jamaika-Gesprächen. "Man sieht ja heute schon bei den Grünen Meinungsunterschiede. Und die, die noch an einem Realitätsverlust in Sachen Zuwanderung leiden, die werden auch noch normal werden."