Merkel und Macron auf der Suche nach europäischer Lösung im Asylstreit

Der Streit in der Union über Zurückweisungen an den Grenzen ist vertagt. Kanzlerin Merkel hat zwei Wochen Zeit, um in der EU bilaterale Asylabkommen zu schmieden. Heute berät sie mit Frankreichs Präsidenten Macron im Schloss Meseberg.
von  dpa

Berlin/München - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sind zu Beratungen über grundlegende EU-Reformen im brandenburgischen Meseberg zusammengekommen.Dabei soll es bis zum Abend um vier Kernprojekte gehen: Reform der Wirtschafts- und Währungsunion, Stärkung der Außen- und Verteidigungspolitik, gemeinsame Asylpolitik und eine stärkere Forschungskooperation, etwa beim Thema Künstliche Intelligenz.

Beide begrüßten sich gut gelaunt am Eingang des Gästehauses der Bundesregierung mit Küsschen rechts und Küsschen links.

Uneinigkeit bei dem eigenen Haushalt für die Eurozone

Macron hatte im September 2017 Vorschläge zur "Neugründung eines souveränen, vereinten und demokratischen Europas" vorgelegt - und wegen der schwierigen Regierungsbildung lange auf Merkels Antwort gewartet. Union und SPD unterstützten einen Aufbruch für Europa, wollen aber keine Transferunion mit einer massiven Ausweitung der deutschen Beiträge. Um den Euro krisenfester zu machen, soll der Rettungsfonds ESM zu einem Europäischen Währungsfonds ausgebaut werden. Uneinigkeit gibt es bei dem von Paris geforderten eigenen Haushalt für die Eurozone, um mehr Investitionen zu ermöglichen.

Das EU-Asylsystem soll viel stärker vereinheitlicht werden und in der Verteidigungspolitik soll es zum Beispiel weniger unterschiedliche Waffensysteme geben.

Merkel sucht im Asylstreit nach europäischer Lösung

Im nach wie vor ungelösten Asylstreit mit der CSU sucht Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) unter Hochdruck nach einer europäischen Lösung der Krise. Die CSU hatte Merkel am Montag eine Frist von zwei Wochen zugebilligt, um bilaterale Abkommen mit anderen EU-Staaten zu schließen. Dabei geht es um Asylbewerber, die in einem anderen EU-Land schon registriert sind.

Sollte Merkel bis zum EU-Gipfel Ende Juni keinen Erfolg haben, werde er im nationalen Alleingang Zurückweisungen an der Grenze anordnen, machte Innenminister Horst Seehofer (CSU) am Montag deutlich. Merkel lehnt dies bislang strikt ab. Sie drohte für den Fall eines Alleingangs des Bundesinnenministers indirekt mit der Entlassung Seehofers - dann wäre die Koalition am Ende.

Söder plant Alleingang

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) rechnet nicht mit einem Erfolg der Kanzlerin. "Wir glauben nicht daran, dass innerhalb von zwei Wochen europäische Lösungen zustande kommen - das hat drei Jahre lang nicht funktioniert", sagte Söder der Deutschen Presse-Agentur in München. "Wenn es tatsächliche eine wirksame europäische Regelung gibt, ist es gut. Aber es darf nicht wieder auf die lange Bank geschoben werden. Unverbindliche Absichtserklärungen, die am Ende keine Lösungen bringen, sind nicht ausreichend. Wir brauchen keine Scheinlösungen, sondern echte Grenzsicherungen."

Merkel braucht Zeit

Der CDU-Innenpolitiker Stephan Harbarth plädierte dafür, der Kanzlerin ausreichend Zeit für eine europäische Lösung zu geben. Der CDU-Bundestagsabgeordnete sagte der Deutschen Presse-Agentur in Berlin, Merkel wolle die Chancen für eine solche Lösung ausloten. "Und diese Zeit sollten wir uns nehmen. Es kommt im Augenblick gewiss nicht auf zwei oder drei Wochen an."

Unterstützung erhielten Innenminister Seehofer und die CSU vom CDU-Innenpolitiker Philipp Amthor, der Zurückweisungen von Flüchtlingen an den Grenzen als "sinnvolles Instrument" bezeichnete. "Zumindest inhaltlich deckt sich Seehofers Haltung mit dem Mehrheitswillen, den ich in meinem Wahlkreis und an meiner Parteibasis spüre", sagte der 25-jährige CDU-Bundestagsabgeordnete aus Mecklenburg-Vorpommern der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

Kann Merkel den Asylstreit noch zum Positiven wenden?

Zugleich gab sich Amthor zuversichtlich, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel die schwierigen Debatten der vergangenen Tage noch zum Positiven wenden könne. "In Europa sollte nun allen Beteiligten klar sein, dass in Sachen Migration spürbare Ergebnisse erzielt werden müssen. Dies kann der Kanzlerin Rückenwind für schwierige europäische Verhandlungen geben. Ich gehe fest davon aus, dass sie Erfolge erzielt."

Seehofer will Flüchtlinge zurückweisen

Ähnlich äußerte sich CDU-Vize Armin Laschet am Montagabend in den ARD-"Tagesthemen". "Ich glaube, dass Ergebnisse erzielbar sind", meinte er mit Blick auf die Bemühungen der Kanzlerin um eine europäische Einigung in der Flüchtlingspolitik. "Und in diesem Lichte werden wir dann entscheiden."

Merkel hatte am Montag erklärt, dass es auch bei einem Scheitern der EU-Verhandlungen Ende Juni keinen automatischen Start der Zurückweisung von Flüchtlingen an den deutschen Grenzen geben werde. Die CDU wolle dann zunächst am 1. Juli in Präsidium und Vorstand beraten. Dagegen will Seehofer bereits jetzt Vorbereitungen für solche Zurückweisungen treffen, falls der EU-Gipfel aus CSU-Sicht kein "wirkungsgleiches" Ergebnis erzielt.

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