Merkel und Hollande zu Friedensgesprächen in Kiew und Moskau
Überraschende Friedensinitiative für die Ukraine auf höchster Ebene: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsident François Hollande bemühen sich in Kiew und Moskau um eine Beilegung des eskalierenden Konflikts mit immer mehr Toten.
Berlin - Sie kündigten sich zu Gesprächen am Donnerstag mit dem ukrainischen Staatschef Petro Poroschenko und am Freitag mit Russlands Präsident Wladimir Putin an. Hollande sprach von einem "neuen Vorschlag für eine umfassende Regelung auf Basis der territorialen Integrität der Ukraine".
Das russische Außenministerium erklärte, zentrales Thema sei eine dauerhafte Waffenruhe im ostukrainischen Donbass. Von dort berichteten beide Seiten der Kämpfer von intensiven Gefechten. Sowohl die ukrainische Armee als auch die prorussischen Separatisten hatten eine Mobilmachung weiterer Kämpfer angekündigt.
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte in Warschau, die Lage in der Ostukraine sei "brandgefährlich". Bei der deutsch- französischen Friedensinitiative müsse derzeit "eher von Hoffnung als Chancen" gesprochen werden. Es gehe auch darum zu vermeiden, dass die Ukraine "völlig außer Kontrolle gerät und diplomatische Bemühungen nicht mehr helfen können". Moskau warnte die USA vor Waffenlieferungen an die ukrainische Führung. Eine solche Aufrüstung wäre eine "direkte Bedrohung für Russlands Sicherheit".
US-Vizepräsident Joe Biden erklärte in der "Süddeutschen Zeitung": "Wir haben von Beginn an gesagt, dass es für diese Krise keine militärische Lösung gibt." US-Außenminister John Kerry sagte in Kiew, die Führung in Moskau müsse sofort aufhören, die prorussischen Separatisten zu bewaffnen. Russland weist solche Vorwürfe zurück. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg betonte in Brüssel: "Wir sehen eine zunehmende Unterstützung Russlands für die Separatisten. Sie unterstützen sie mit Kräften, mit Ausrüstung, mit Ausbildung."
Poroschenko sagte der spanischen Zeitung "El País", er spreche nicht von Lieferungen tödlicher Waffen an seine Armee, "sondern über defensive Systeme". Die Ukraine brauche geschützte Kommunikationssysteme, Drohnen und Radaranlagen. Der Konflikt in der Ostukraine lasse sich aber nicht mit militärischen Mitteln lösen.
Im September hatten sich die Konfliktparteien auf einen Aktionsplan für Frieden in der Ostukraine geeinigt, der allerdings nicht umgesetzt wurde. Mehrere Anläufe für Verhandlungen der Kontaktgruppe, an der auch Vertreter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) sowie Russlands beteiligt sind, waren seit Ende Dezember gescheitert.
Die nächste Gelegenheit zu Vermittlungen besteht am Wochenende bei der Münchner Sicherheitskonferenz. Dort sind neben Merkel auch Biden, Poroschenko und die Außenminister der Ukraine, USA, Russlands, Frankreichs und Deutschlands. Am Montag trifft Merkel US-Präsident Barack Obama in Washington.
Im Zuge der Krise seien die deutschen Exporte nach Russland um knapp 20 Prozent gesunken, beklagte Eckhard Cordes, Vorsitzender des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft, in Moskau. Das bedeute einen Verlust von rund 60 000 Arbeitsplätzen - bei 300 000 Stellen insgesamt, die in Deutschland vom russischen Markt abhängig seien.