Merkel in der Mongolei

Deutschland hebt die Schätze der Mongolei: Kanzlerin Merkel bringt bei ihrem Besuch die Beteiligung der Wirtschaft voran, mischt sich aber auch in Sachen Menschenrechte ein - die Bilder.  -
von  dapd

Deutschland hebt die Schätze der Mongolei: Bundeskanzlerin Angela Merkel bringt bei ihrem Besuch die Beteiligung der Wirtschaft voran, mischt sich aber auch in Sachen Menschenrechte ein - die Bilder.

Ulan Bator - Am Donnerstag reiste Bundeskanzlerin Angela Merkel im Anschluss an ihren Vietnam-Besuch in die mongolische Hauptstadt Ulan Bator, um es der deutschen Wirtschaft zu ermöglichen, einen Teil der Schätze in den unendlichen Weiten der mongolischen Steppe zu heben. 

Mit militärischen Ehren wurde Merkel von Regierungschef Süchbaatar Batbold zum Gespräch empfangen. Batbold erklärte, Merkels Visite sei „ein besonderer Besuch, es ist ein historischer Besuch“ und betonte die gute Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern. „Wir haben Rohstoffe, Deutschland hat die neueste Technologie, das Know-how“, sagte er. In diesem Bereich könne man sich gegenseitig ergänzen. Die Mongolei sei interessiert an umweltfreundlicher, an modernster Technologie aus Deutschland.

Die Kanzlerin hielt eine Rede vor dem Parlament, es wurden Verabredungen im Bereich Kultur und Bildung getroffen. Ihre wichtigste Mission war aber wohl die Hebung der Rohstoffe. Wertvolle Bodenschätze gibt es reichlich in der Mongolei, das zu den zehn rohstoffreichsten Ländern der Welt zählt. Mehr als 6.000 Vorkommen von Kupfer, Gold, Silber und Uran gibt es, dazu kommen die Metalle der Seltenen Erden, die zunehmend teurer werden, weil sie für immer mehr Handys oder Flachbildfernseher gebraucht werden.

Merkel betonte, die Mongolei sei für Deutschland „ein guter Freund“. Die wirtschaftliche Zusammenarbeit biete noch viele Entwicklungsmöglichkeiten. Das Rohstoffabkommen zeige dabei, wohin der Weg führen könne. Deutschland sei auf eine langfristige, faire und nachhaltige Zusammenarbeit ausgerichtet und biete neue, umweltfreundliche Technologien und gleichzeitig eine umfassende Ausbildung. 


 

Rohstoffpartnerschaft und eine Forderung: Abschaffung der Todesstrafe

Im Beisein Merkels wurde dazu eine Rohstoffpartnerschaft mit der mongolischen Seite unterzeichnet, die eine Zusammenarbeit beider Länder im Rohstoff-, Industrie- und Technologiebereich verabredet. Außerdem unterzeichnete ein Zusammenschluss aus den Unternehmen Mac Mahon und BBM Bergbau den Angaben zufolge einen Vertrag über den Kohleabbau in einem Teil von Tavan Tolgoi, einer der größten Kohleminen der Welt. Die Siemens AG ging einen Kooperationsvertrag mit dem staatlichen Minenbetreiber Erdens zur Entwicklung eines 300-Megawatt-Kraftwerkprojektes ein, das zur Energieversorgung der Mine dienen soll.

Die wird zwar nicht dafür sorgen, dass schon nächsten Monat die Bagger anrollen und sich in den mongolischen Boden verbeißen können. Aber das Abkommen ebnet den Deutschen den Zugang zu den Schätzen der Mongolei. Bislang hat vor allem China den Daumen drauf, aber auch die Niederlande sind mit ihren Firmen stark in der Mongolei vertreten. Merkel konnte sich bei ihrem Besuch vor einem einigermaßen stabilen Hintergrund engagieren.

Die Mongolei hat sich in den letzten Jahren zur „einzig wirklich funktionsfähigen Demokratie im zentralasiatischen Raum“ entwickelt, wie es in Regierungskreisen gewertet wird. Das Land könne bei Demokratisierungsgrad, Rechtsstaatlichkeit und Marktwirtschaft punkten – es gebe aber auch noch Defizite. Und eines davon sprach Merkel bei einer Rede vor dem mongolischen Parlament ganz deutlich an. Sie appellierte an das Land, die Todesstrafe nicht nur, wie bisher, per Moratorium auszusetzen, sondern ganz zu verbieten. Es war ein mutiger Schritt, denn der Wille der Mongolei zu einem solchen Verbot wird als gering eingeschätzt.

 


 

Investition ja - aber nicht um jeden Preis

Merkel hob sich damit in Augen vieler Beobachter wohltuend von US-Vizepräsident Joe Biden ab, dessen Land auch gerne in der Mongolei Geschäfte machen würde. Biden hatte den asiatischen Staat vor wenigen Wochen bei einem Besuch mit Lob förmlich überschüttet, sich Kritik aber gespart. Merkel hingegen legte nicht nur den Finger in die Wunde Todesstrafe, sie forderte auch offen die Teilhabe aller Menschen an den Gewinnen aus dem Rohstoffabbau. In Zukunft sollen außerdem Nachwuchswissenschaftler aus der Mongolei am Lindauer Nobelpreisträgertreffen teilnehmen. Die Gerda-Henkel-Stiftung will die archäologische Forschung im Orchon-Tal fördern.

Die Botschaft an die Mongolen war klar: Wir wollen hier investieren und verdienen, aber nicht um jeden Preis. Deutlich wurde aber auch, dass sich die Mongolei gerne weiter aus der Umklammerung Russlands und Chinas lösen möchte und deutsche Hilfe dabei willkommen ist. Insofern hatte Merkel mit ihrem Besuch mindestens einen Schritt getan, um dem kleinen Pony mehr Bewegungsfreiheit zu verschaffen.

Vor ihrer Rückreise nach Berlin sprach Merkel mit Soldaten des mongolischen ISAF-Kontingents und deutschen Ausbildern sowie mit Mongolen, die in Deutschland studiert haben. Die Kanzlerin war am Montag aus Berlin abgereist. Ihre Reise stellt den überhaupt ersten Besuch einer deutschen Regierungschefin in der Mongolei dar. Die Bundespräsidenten Roman Herzog und Horst Köhler waren im September 1998 beziehungsweise im September 2008 zum Staatsbesuch in dem Land.


 

Mongolei: Großer Staat, großes Wirtschaftswachstum, kleine Bevölkerung

Die Mongolei liegt als zentralasiatischer Flächenstaat eingeklemmt zwischen Russland und China. Mit 1,565 Millionen Quadratkilometern ist das Land etwa 4,5 Mal so groß wie Deutschland. Allerdings leben in dem Land nur 2,7 Millionen Menschen, etwa die Hälfte von ihnen in der Hauptstadt Ulan Bator. Die Mongolen haben eine parlamentarische Demokratie mit rechtsstaatlicher Verfassung. Staatsoberhaupt ist Präsident Tsakhilganiin Elbegdorj.

Aufgrund des Rohstoffbooms wuchs die Wirtschaft nach Angaben des Auswärtigen Amtes in den vergangenen Jahren jährlich bis zu zehn Prozent. Nur 2009 gab es aufgrund der Finanz- und Wirtschaftskrise ein Minus von 1,6 Prozent. Im kommenden Jahr wird erneut ein Wachstum um etwa zehn Prozent erwartet. In den kommenden Jahren wird die Mongolei aufgrund ihres enormen Rohstoffreichtums – Kupfer, Molybdän, Gold und Seltene Erden – zu den am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften der Welt gehören. Der Reichtum wird aber nicht an alle gleichmäßig verteilt. Etwa ein Drittel der Menschen lebt in Armut. 

 

 

 

 

 

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