Merkel gegen Schulz: Sieger, Verlierer, Moderatoren - So verlief das TV-Duell

Berlin - Das letzte Wort hat Bundeskanzlerin Angela Merkel, sie spricht von den Herausforderungen der Zukunft. Bundeskanzlerin Angela Merkel schließt eine Koalition mit Linkspartei und AfD aus. Martin Schulz von der SPD betont, er werde im Falle eines Wahlsieges ein "europäisches Deutschland gestalten". Eine Koalition mit der Linken schließt er nicht aus.
Beim TV-Duell, dem einzigen direkten Aufeinandertreffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel Merkel und Martin Schulz dominiert blau das Studio: Merkel im kobaltblauen Blazer und Schulz im taubenblauen Anzug, Krawatte in ähnlichem Ton heben sich kaum ab. Auch bei den Inhalten sind die Unterscheide nicht gewaltig. Das Duell beginnt mit dem Thema, das die Bundesbürger wie kein anderes umtreibt: In der Flüchtlingspolitik hält Schulz Merkel vor, Fehler gemacht zu haben. Sie habe die europäischen Partner nicht ausreichend eingebunden. Merkel weist dies zurück, verteidigt ihre Entscheidung, ab September 2015 die Grenzen für Flüchtlinge zu öffnen. In einer dramatischen Situation habe die Bundesregierung nach Artikel 1 des Grundgesetzes reagiert: "Die Würde des Menschen ist unantastbar." Sie räumt aber ein, die Lage in den Flüchtlinslagern in Syriens Nachbarländern zu lange ignoriert zu haben. Wanderungsbewegungen aus Afrika und Asien nach Europa empfinde sie als "eine sehr, sehr große Aufgabe". Die Bekämpfung von Fluchtursachen und die Zusammenarbeit mit den Herkunftsländern in Afrika und dem Transitland Libyen müssten intensiviert werden.
Große Differenzen gibt es in der Flüchtlingspolitik indes nicht zwischen Schulz und Merkel. Integration nennen beide eine große Herausforderung. Schulz sagt, dass eine Million Flüchtlinge sich nicht in wenigen Jahren integrieren lassen. Auch in der Frage des derzeit ausgesetzten Familiennachzugs für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus gibt es von beiden keine eindeutigen Aussagen. Schulz will "im Einzelfall prüfen". Merkel kündigt an, zunächst zu untersuchen, ob es verkraftbar wäre, wenn weitere Hunderttausende Flüchtlingen ihre Familien nachholen. Die Entscheidung könne durchaus so ausfallen, wie es Innenminister Thomas de Maizière (CDU) fordert. Der will den Familiennachzug für die "subsidiär Geschützten" auch über März 2018 hinaus aussetzen.
Viele Themen, wenige Schwächen
Im Umgang mit der Türkei fordert Schulz "klare Kante" und spricht sich für einen Stopp der EU-Beitrittsverhandlungen mit Ankara aus. Auch Merkel sieht für die Türkei keinen Platz in der Europäischen Union. Zum Angriff geht Schulz beim Thema Rente über, wirft Merkel vor, die CDU plane die Rente mit 70. Merkel schließt dies aus.
Über Strecken wirkt das TV-Duell hektisch, im Galopp geht es durch einen riesigen Reigen an Themen. Zum offenen Schlagabtausch kommt es kaum. Beide attackieren die Autobranche im Dieselskandal, kritisieren US-Präsident Donald Trump, kündigen an, Familien zu entlasten, kündigen im Fall ihrer Wahl mehr Anstrengungen bei der Inneren Sicherheit an. Die Moderatoren Sandra Maischberger (ARD), Maybrit Illner (ZDF), Claus Strunz (Sat.1) und Peter Kloeppel (RTL) bohren wacker nach, können die Kandidaten aber zu keinen unerwarteten Aussagen bewegen.
Inhaltlich zeigen sich Merkel und Schulz gut präpariert. Echte Schwächen zeigen beide nicht. Schulz macht seinen vielleicht größten Fehler bereits, als er gegen 19.11 Uhr vor dem TV-Studio aus der Limousine steigt. Er geht zunächst Richtung TV-Studio, lässt den jubelnden SPD-Nachwuchs stehen, der am Straßenrand mit Samba-Trommeln Stimmung macht. Kurz darauf kommt Schulz zurück, schüttelt doch noch ein paar Juso-Hände.
Bundeskanzlerin Angela Merkel, die acht Minuten später kommt, passiert das nicht. Sofort begrüßt sie ihre Fans von der Jungen Union, lächelt, scherzt. Die CDU-Anhänger schwenken ein Plakat. "Möge die Bessere gewinnen, steht darauf.
Dass mit dem Ende des Fernsehduells jedes Lager sofort den Sieg für sich reklamiert, gehört fest zum Ritual. Die Sozialdemokraten legen gestern im Kampf um die Deutungshoheit einen historischen Frühstart hin: Eine bezahlte SPD-Anzeige war durch eine Panne schon am Sonntagmorgen, Stunden vor dem Beginn des medialen Schlagabtauschs im Internet veröffentlicht worden. "Martin Schulz hat das TV-Duell für sich entschieden" hieß es da – die SPD entschuldigte sich für den Fauxpas.
Lesen Sie auch den Kommentar von AZ-Chefredakteur Michael Schilling zum TV-Duell: Chance vertan
TV-Duell: Die Moderatoren in der Einzelkritik
Wie haben sich Illner, Maischberger, Strunz und Kloeppel geschlagen? Wir haben ihr Auftreten mit Schulnoten bewertet
Claus Strunz: Was erlauben Strunz? Der Sat.1-Moderator versucht häufig, sich in den Vordergrund zu spielen. Stellt Fragen vom rechten Rand, traut sich aber am meisten. Note 3+
Peter Kloeppel: Die RTL-Allzweckwaffe bleibt farblos. Inhaltlich am langweiligsten. Stellt Wischiwaschi-Fragen. Note 4
Maybrit Illner: Fragt verbindlich, aber auch nicht mehr. Verhaspelt sich oft. Optisch hat sie sich an Kollegin Maischberger so stark angenähert, dass der Zuschauer beide leicht verwechseln kann. Note 3-
Sandra Maischberger: Zuständig für Gefühl und Charme in der Runde, lächelt am meisten. Ein bisschen mehr Pfeffer hätte allerdings nicht geschadet. Immerhin: Bei den Fakten war sie stets sattelfest. Note 3