Merkel: „Gebt ihnen ’ne Chance“
BRÜSSEL - Eine Frau und ein Mann sollen Europa führen. Nur: Keiner kennt die Britin Catherine Ashton und den Belgier Herman van Rompuy.
Nur Belgien freut sich. Dass Premier Herman van Rompuy „Europas erster Präsident“ wird, kröne eine „brillante Karriere“, schreibt die Zeitung „De Standaard“.
Van Rompuy und die Britin Catherine Ashton (bisher EU-Handelskommissarin), sollen das Europa nach Lissabon organisieren. Van Rompuy als Ratspräsident und Ashton als Quasi-Außenministerin. Aber der Tag nach der Kür wartet schon mit einer kalten Dusche. Die Zeitungen spotten über die „Nobodys“ („Bild“), „grauen Figuren“ („El Pais“, Spanien), und das Stockholmer „Aftonbladet“ fragt: „Herman Van Wer?“ Die internationale Politik bleibt höflich, sendet die üblichen Glückwünsche. Wenige wie der Grüne Daniel Cohn-Bendit sagen, was alle finden: „Es ist ein Tiefpunkt.“ Bundeskanzlerin Angela Merkel wirkt auch nicht euphorisch: „Gebt den Leuten doch ’ne Chance“, meint sie.
Dabei verdanken die beiden ihr und Frankreichs Nicolas Sarkozy die Wahl – vor allem van Rompuy muss aufpassen, dass er nicht deren EU-Marionette wird. Er ist ohnehin ein Mann, der es gern harmonisch hat, sozialphilosophische Wälzer und Haiku-Verse schreibt.
Catherine Ashton ist außenpolitisch noch nicht aufgefallen. Die Baronin schaffte es aber in zähen Verhandlungen, den Lissabon-Vertrag durchs britische Oberhaus zu bringen. Das brachte ihr Respekt. Die EU hilft ihr mit einem Apparat von 7000 Beamten.
Ein Makel wird den beiden lange anhaften: Europa wollte Repräsentanten. Es bekam einen Kompromiss.
rg