Merkel-Bonds und Sirtaki-Siggi
Berlin - Die Abstimmung zur Ausweitung des Euro-Rettungsschirms rückt immer näher. Merkels psychologisch wichtige Kanzlerinnen-Mehrheit ist noch nicht sicher. Zwar hat das Urteil des Verfassungsgerichts ihr Rückenwind gegeben, aber überzeugt sind längst nicht alle Skeptiker. Bereits gestern kündigte der CDU-Parlamentarier Klaus-Peter Willisch an, er werde beim Nein bleiben. Gestern hat der Bundestag das umstrittene Gesetz zur Ausweitung des Euro-Rettungsschirms (siehe unten) erstmals debattiert.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble gab nochmal den „Euro-Fighter”, der vehement und eindringlich um Zustimmung wirbt: „Wegen der Ansteckungsgefahr auf den Märkten brauchen wir diesen Stabilitätsmechanismus.” Der EFSF sei ein Bollwerk zur Verteidigung der Währung.
Scharf kritisierte SPD-Chef Sigmar Gabriel die Euro-Politik der Bundesregierung: Mit populistischen Äußerungen hätte Merkel die Märkte und die internationale Politik irritiert und verunsichert: „Stellen Sie das dumme Gerede vom Zahlmeister Europas ein”, fordert er. Merkels ablehnende Haltung zu Eurobonds hält der SPD-Chef für Augenwischerei: Bereits jetzt hafteten alle Euroländer gemeinsam für den ersten EZB-Ankauf von Staatsanleihen. „Das sind die ersten Merkel-Bonds, die wir bekommen haben. Die zweite Tranche der Merkel-Bonds kommt nun mit dem EFSF. Für wie dumm halten Sie eigentlich Ihre eigenen Abgeordneten?”
Merkel selbst blickt während der Angriffe kaum auf, tippt auf ihrem iPad. Verteidigen lässt sie sich von FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle. Er schießt gegen Gabriel zurück: Der sei genauso unzuverlässig wie die Griechen – „Sirtaki-Siggi” eben.
Der EFSF soll von 250 Milliarden auf 440 Milliarden Euro erweitert werden. Um das zu erreichen, wird der Garantierahmen auf fast 780 Milliarden Euro aufgestockt. Der deutsche Anteil steigt damit von 123 Milliarden auf 211 Milliarden Euro. Abgestimmt wird am 29. September. Merkel kann sich höchstens 19 Nein-Stimmen erlauben.
Was ist der EFSF?
Der Euro-Rettungsschirm EFSF (European Financial Stability Facility) ist ein Zinsverbilligungsprogramm: Griechenland, Portugal und Irland nehmen ihre Kredite nicht auf den Finanzmärkten auf, sondern verbilligt beim EFSF. Damit der Rettungsschirm selbst günstig Kredite aufnehmen kann, braucht er gute Noten von Rating-Agenturen. Dafür müssen die am EFSF beteiligten Staaten wiederum für hohe Summen bürgen – darum geht’s aktuell.