Merkel allein daheim

 Hängepartie in Berlin: Die beiden potenziellen Partner der Union – SPD und Grüne – zeigen große Vorbehalte gegen einen Bund mit der Kanzlerin
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Hängepartie in Berlin: Die beiden potenziellen Partner der Union – SPD und Grüne – zeigen große Vorbehalte gegen einen Bund mit der Kanzlerin

BERLIN Die Siegesparty war rauschend, aber jetzt kommt der Kater: Der Union wird immer klarer, wie schwer es für sie wird, einen Partner zu finden – viel schwerer als gedacht. Denn SPD und Grüne, die beiden einzigen denkbaren Kandidaten, zieren sich nicht nur aus strategischen Gründen: Es gibt auch echte Vorbehalte. Die Union gibt sich nun alle Mühe, ein Bündnis mit ihr möglichst schmackhaft zu machen.

Es hat etwas leicht Absurdes: Sonst bemühen sich die Parteien meist, Mitglied der Regierung zu sein – man erinnere sich an Gerhard Schröder, der 2005 drei Wochen gebraucht hat, bis er den Anspruch der Union akzeptiert hatte. Diesmal ist es völlig anders: Vertreter der SPD und der Grünen begründeten gestern wortreich, warum die andere Partei viel besser als Partner für Bundeskanzlerin Angela Merkel geeignet ist. „Ich glaube, dass jetzt die Grünen dran sind“, so etwa der SPD-Mann Johannes Kahrs. „Im Sinne der Demokratie geht das gar nicht anders: Andernfalls gäbe es 80 Prozent Regierung und nur 20 Prozent Opposition.“

Natürlich steckt da auch ein absichtliches Preise-Hochtreiben dahinter: Wer sich jetzt ziert, kann der Union vielleicht noch ein paar Kompromisse mehr abhandeln – das gilt für SPD wie für Grüne. Aber: In beiden Parteien (noch stärker bei den Grünen) sind viele tatsächlich gegen ein Bündnis mit der übermächtigen Merkel, die bisher jeden Partner am Schluss geschreddert hat.
Bei der SPD-Spitze soll es laut „Leipziger Volkszeitung“ sogar Pläne geben, bis zum nächsten Parteitag (14. bis 16. November) keine Koalitionsentscheidung oder auch nur Vorentscheidung zu treffen. Das Zeitfenster solle voll ausgeschöpft werden, „um den Verhandlungsdruck der Union auf die Grünen zu erhöhen“.

Entsprechende Überlegungen lassen in Berlin die Sorge wachsen, dass es sehr lang dauern könnte, bis Deutschland eine neue Regierung hat. Auch Regierungssprecher Steffen Seibert wurde gestern nach den Grundgesetzartikeln gefragt, wie lange die Regierungsbildung dauern darf. „Aber nur die Nummern, nicht die Inhalte, bitte. 39, 63, 64, 69 und 121 hab’ ich sehr nützlich gefunden“, so Seibert. Sein Fazit: Es gebe keinen Zeitdruck. Die alte Regierung bleibt geschäftsführend im Amt, bis es eine neue gibt. „Wir sind handlungsfähig.“

Eigentlich dachte die Union, mit zwei potenziellen Partnern habe sie einen Vorteil in den Verhandlungen: Wenn die SPD einen zu hohen Preis fordert, könne sie immer noch mit den Grünen drohen – derzeit muss sie darum buhlen, wenigstens einen Partner zu finden. Also läuft nun die Charmeoffensive. CDU-Vize Armin Laschet spricht von „großer Kompromissbereitschaft“: Er hält – wie Finanzminister Schäuble – auch Steuererhöhungen für Gutverdiener für denkbar.

Trotz aller Avancen für die Grünen von vielen Unionsleuten gilt die Option Schwarz-Rot als wahrscheinlicher. CDU/CSU denken nach, wie man die SPD locken kann: Ob man ihr möglichst viele Ministerposten bieten kann oder ihr inhaltlich entgegenkommt. SPD-Mann Kahrs fordert schon eine Halbe-Halbe-Aufteilung der Kabinettsposten, auch wenn die Union stärker ist. Und notfalls soll das Argument „Staatsräson“ gegen die SPD gezogen werden.

Die Agentur dpa hat sogar den Experten Eric Hegmann von der Single-Börse Parship gefragt, wie sich Merkel jetzt auf Partnersuche geben sollte: „Sie darf keinesfalls verzweifelt wirken bei der Partnersuche. Das macht unsexy.“

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