Merk muss gehen - Gauweiler wird stellvertretender CSU-Chef

Eigentlich wollte der Parteichef nichts verändern. Doch nun holt Horst Seehofer Peter Gauweiler. Der soll bei der Europawahl die AfD abwehren.  Die liegt in Umfragen konstant über fünf Prozent.
Angela Böhm |
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Hat keinen großen Bekanntsheitsgrad, auch wenn er als Verteidigungsstaatssekretär im Bundeskabinett sitzt: Christian Schmidt kann aber einen hohen Trumpf ausspielen: Er ist evangelisch.
dpa Hat keinen großen Bekanntsheitsgrad, auch wenn er als Verteidigungsstaatssekretär im Bundeskabinett sitzt: Christian Schmidt kann aber einen hohen Trumpf ausspielen: Er ist evangelisch.

Eigentlich wollte der Parteichef nichts verändern. Doch nun holt er Peter Gauweiler. Der soll bei der Europawahl  die AfD abwehren.  Die liegt in Umfragen konstant über fünf Prozent.

München - In der Partei gelten sie als die „mickrigen Vier“. Neben Seehofer hat das Quartett seiner Stellvertreter eh nichts zu melden. Sie sind eine Art Quote, was das Geschlecht betrifft, die Region und auch die Religion: katholisch und evangelisch. Doch jetzt wird alles über den Haufen geworfen. Eine Frau muss gehen, weil sie sich zu viel geleistet hat.  Ein Mann kommt:  Der Euro-Kritiker Peter Gauweiler. Der passt Seehofer perfekt in seinen Plan: Im Mai 2014 sind Europawahlen. Und da will die CSU jedem etwas bieten: den Europa-Gegnern und den Befürwortern. Denn Seehofer fürchtet, dass die europakritische Afd der CSU die Wahl vermasseln könnte. Die  Partei Alternative für Deutschland hat sich erst im Februar 2013 gegründet, liegt aber in den Umfragen schon konstant über fünf  Prozent.

Das Sündenregister von Bayerns ehemaliger Justizministerin Beate Merk, die eh schon ins Europa-Ressort abgeschoben wurde, hat Seehofer jetzt  gereicht. Sie hat  nicht nur den Fall Gustl Mollath vermasselt. Nun stellte sich auch noch heraus:  Der Kunstkrimi um den Münchner Kunsthändlersohn Cornelius Gurlitt ist für sie an Peinlichkeit kaum zu übertreffen. Ihr Ministerbüro wusste früh von der Beschlagnahmung der Bilder, informierte aber die Ministerin nicht. Die blieb ahnungslos - bis jetzt. Die 56-Jährige Schwäbin hatte schon bei der letzten Vorstandswahl vor zwei Jahren nur mickrige 63,2 Prozent - und damit das mit Abstand schlechteste Ergebnis erhalten. Nun zieht sie ihre Kandidatur zurück.

Dafür erlebt der Münchner Bundestagsabgeordnete Peter Gauweiler doch noch sein großes Comeback.  Edmund Stoiber hatte ihn einst als Umweltminister aus dem bayerischen Kabinett geworfen. Horst Seehofer holt den Rechtsanwalt und Europa-Kritiker,  der "als Hobby" sein Geld gerne in Prozesse vor Deutschlands höchstem Gericht gegen Europa steckt, nun als seinen Vize an die CSU-Spitze.  Die AZ stellt Seehofers Stellvertreter vor:

Peter Gauweiler:
Im zweiten Anlauf hat er's jetzt doch noch geschafft. Schon vor zwei Jahren wollte der 64-jährige Münchner in die Parteispitze, um gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel Griechenland-Politik zu wettern und "rote Linien" aufzustellen. Doch der  Bundestagsabgeordnete, der lieber in seiner Kanzlei als im Parlament sitzt, hatte sich zu sicher gefühlt und bei seiner  Wahlrede auch noch einen schlechten Tag erwischt.  Er unterlag Peter Ramsauer. Seine "rote Linie" waren schnell weggewischt. Seehofer schwenkte ganz auf die Linie der Kanzlerin ein, als er merkte, dass sie mit ihrer Griechenland-Strategie bei den Wählern ohne Ende punkten konnte und Vertrauen gewann. Für den Europa-Wahlkampf ist Gauweiler jetzt perfekt. Mit ihm kann die CSU den Spagat  in Europa vollführen: dafür und dagegen. Und Gauweiler bringt noch einen Quoten-Vorteil für die Parteispitze mit: Er ist zwar ein Mann, dafür aber evangelisch.

Peter Ramsauer: Keinen behandelt Seehofer so verächtlich, wie den Oberbayer aus Traunwalchen, seit der im Kabinett von Bundeskanzlerin Angela Merkel als Verkehrsminister sitzt und Seehofers Lieblingsthema, die Maut, durchsetzen soll. Davor war „Ramses“ Chef der CSU-Landesgruppe und als solcher für Seehofer unantastbar. Als Minister von seinen Gnaden aber lässt er „Zar Peter“, wie er ihn nennt, tanzen, wie es ihm gefällt. 2011 hatte sich die CSU bei ihren Vorstandswahlen erst in letzter Sekunde hinter Ramsauer versammelt. Euro-Skeptiker Peter Gauweiler wollte ihn aus der Parteispitze schießen und selber Seehofer-Vize werden. Nur knapp konnte sich der 59-Jährige durchsetzen, in dem er in der Nacht vor der Abstimmung noch vielen Delegierten eine neue Umgehungsstraße zugesagt hatte. Auf Gauweiler entfielen damals 419 Stimmen, auf Ramsauer 440 Stimmen.

Barbara Stamm: Die „Mutter der Kompanie" braucht Seehofer noch als Stimmenfängerin. Die 69-Jährige, die in der Familien-Affäre vor der Wahl viel Kritik einstecken musste, wurde gerade wieder zur Präsidentin des Bayerischen Landtags gewählt. Sie gilt als das soziale Gewissen ihrer Partei. Verantwortlich fühlt sich die Fränkin für die CSU als wäre die ihre Familie und verteidigt sie wie eine Löwen. 2011schnitt sie gleich hinter Seehofer, mit 85,8 Prozent ab.

Christian Schmidt: Der 56-jährige Franke fährt in der CSU auf dem Ticket der Protestanten. Die müssen an der Spitze der Christsozialen auch vertreten sein. Seit Mai 2010 ist der Rechtsanwalt Landesvorsitzender des Evangelischen Arbeitskreises (EAK) der CSU. Politisch ist der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung kein Mann, der sich in den Vordergrund drängt. Vor dem Parteitag aber musste er sich noch bemerkbar machen, dass es ihn auch noch gibt. Und ein klares Nein zum EU-Beitritt der Türkei im Koalitionsvertrag fordern. 2011 wurde er erstmals in die Riege der Vizes gewählt – mit 73,1 Prozent.
 

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