„Mein Gott, was redet der!“

Seehofers Satz über seine Ambitionen 2013 schlägt wie eine Bombe in der CSU ein. Manche erinnern sich, dass auch Stoiber in Kreuth mal das Ziel 2013 genannt hat – genau neun Tage vor seinem Sturz
von  Abendzeitung
Übte scharfe Kritik an der München-CSU: CSU-Chef Horst Seehofer
Übte scharfe Kritik an der München-CSU: CSU-Chef Horst Seehofer © dpa

MÜNCHEN - Seehofers Satz über seine Ambitionen 2013 schlägt wie eine Bombe in der CSU ein. Manche erinnern sich, dass auch Stoiber in Kreuth mal das Ziel 2013 genannt hat – genau neun Tage vor seinem Sturz

Eigentlich war er schon fast durch. Am Montagnachmittag, nach dem kleinen Parteitag in der BMW-Welt, schien CSU-Chef Horst Seehofer wieder fest im Sattel. Von allen Seiten gab es Lob für ihn. Sein Erfolg machte ihn übermütig.

Abends in Berlin, bei der Unterzeichnung des Koalitionsvertrags, ging der Gaul mit ihm durch. Seehofer philosophierte im Überschwang: „Vielleicht gehöre ich ja zu den Politikern, die in vier Jahren, 2013, ein drittes und viertes Mal einen Koalitionsvertrag unterschreiben dürfen. Mein Ziel ist es jedenfalls." Wie eine Bombe schlug das in der CSU ein.

Blankes Entsetzen in der Landtagsfraktion

Im Klartext bedeutet die Ansage: Genau ein Jahr nach seinem Amtsantritt als Ministerpräsident hat er die absolute Mehrheit für die CSU aufgegeben. Und: Er will an der Macht bleiben, in vier Jahren wieder als CSU-Chef und Ministerpräsident antreten bei der Landtags- und Bundestagswahl.

Noch am Abend liefen die Drähte heiß: „Mein Gott, was redet der denn schon wieder!“, wundern sich führende Parteifreunde. In der Landtagsfraktion herrscht blankes Entsetzen. Schließlich war man dort davon ausgegangen, 2013 die absolute Mehrheit zurückzuerobern. „Unverantwortlich“ nennt ein Fraktionsvorstand Seehofers „Gerede“. Und: „Er kann sich selber überhaupt nicht zum Spitzenkandidaten machen.“ Den bestimme immer noch der Parteitag.

Damit sind die Hoffnungen auf einen sanften Übergang beerdigt

Dabei hatten alle gehofft, dass Seehofer in den nächsten Jahren sanft den Übergang an der Spitze vorbereitet. Als Zeitpunkt dafür wurde 2011 genannt. Da wird in der CSU wieder der Vorsitzende gewählt. Doch daran glaubt niemand mehr. Ein CSU-Präside zur AZ: „Von wegen aufgeben. Mit dieser Aussage hat er doch seine Einstellung ganz klar gezeigt. Er ändert sich nicht."

Erinnerungen werden da in der Fraktion wach. „Das hatten wir doch schonmal“, zieht einer Pararellen zu Edmund Stoiber. Der hatte 2007 in Kreuth erklärt, er wolle bis 2013 bleiben. Das war der Auftakt zum Aufstand. Neun Tage später musste er gehen.

"Sakradi. Man muss alles mit Humor nehmen.

Seehofer kam gestern nicht zur Fraktionssitzung. Am Rande des Plenums giftet er: „Muss ich jetzt wieder alles erklären?“ Er habe in Berlin halt „eine hintersinnige Rede“ gehalten. „Sakradi, ist doch schön für euch. Man muss alles mit Humor nehmen.“

Dabei war es ihm bitter ernst. Nach und nach räumt Seehofer ein („Ja, gut“), dass er ein „deutliches Signal“ setzen wollte: „Ich bin und bleibe da. Ich hab’ schon noch ein Ziel.“ Drohend setzt er nach: „Wenn es um Kampf geht, bin ich seit 30 Jahren gestählt.“ Obwohl ihm das Amt des Ministerpräsidenten doch offensichtlich eine Last ist. Gestern klagte er an seinem ersten Jahrestag: „Ich verstehe den Satz von Strauß, dies sei das schönste politische Amt der Welt, auch nach einem Jahr noch nicht. Im Gegenteil.“

Die Opposition freut’s. Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger: „Seehofer will jetzt provozieren und seine parteiinternen Gegner aus den Löchern locken.“ Angela Böhm

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