Mehrheit hofft auf Erfolg für Eurogegner in Karlsruhe

Wenige Tage vor der Entscheidung des Verfassungsgerichts zum Euro-Rettungsschirm ESM hofft eine Mehrheit der Deutschen, dass die Kläger Recht bekommen.
von  dpa

Berlin - 54 Prozent wollen nach einer repräsentativen Umfrage, dass die Entscheidungen des Bundestages zu ESM und Fiskalpakt noch einmal rechtlich überprüft werden. Nur 25 Prozent sind der Meinung, dass das Gericht die Eilanträge der Euroskeptiker abweisen sollte. Das ist das Ergebnis einer Umfrage des Instituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur dpa.

Die euroskeptische Grundstimmung in der Bevölkerung zeigt sich auch bei weiteren Antworten. So sind 53 Prozent dagegen, der Europäischen Union mehr Kompetenzen zu übertragen. Nur 27 Prozent sind dafür. Immerhin 42 Prozent würden ein Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone begrüßen. 30 Prozent fänden das nicht gut. Allerdings machen sich 56 Prozent Sorgen vor einem Auseinanderbrechen der Eurozone insgesamt.

Das Bundesverfassungsgericht entscheidet am kommenden Mittwoch über Eilanträge gegen die Bundestagsbeschlüsse zum dauerhaften ESM-Rettungsschirm und zum Fiskalpakt, der unter anderem eine Schuldenbremse vorsieht. Würde den Klagen stattgegeben, könnte Bundespräsident Joachim Gauck die Gesetze nicht unterschreiben. Fiskalpakt und ESM würden in der Eurozone insgesamt nicht in Kraft treten.

Die skeptische Haltung der Bundesbürger in der Eurokrise ist dabei je nach Parteienpräferenz durchaus unterschiedlich ausgeprägt. Am stärksten ist die Unterstützung für die Kläger in Karlsruhe bei Wählern der Linken mit 70 Prozent. Es folgen die FDP-Wähler mit 64 Prozent, SPD (57), Grüne (51) und CDU/CSU mit 44 Prozent. Aber auch bei der Union haben die Kläger mehr Unterstützer als Gegner - ablehnend äußerten sich 38 Prozent. Die Bundesregierung aus Union und FDP hofft auf eine Abweisung der Klage.

Für einen Austritt Griechenlands aus der Eurozone sind 49 Prozent der FDP-Wähler, 47 Prozent der Linken, 42 Prozent der Union, 37 Prozent der SPD und 34 Prozent der Grünen. In den neuen Bundesländern ist ein Ausscheiden Griechenlands noch etwas populärer als im Westen (45 zu 41 Prozent).

Die Sorgen vor einem Auseinanderfallen der Währungsunion sind bei Wählern der Grünen (73 Prozent) und der Union (72 Prozent) besonders ausgeprägt. Anhänger von Linke (45) und FDP (48 Prozent) machen sich deutlich weniger Sorgen. Persönlich "sehr wichtig" finden den Prozess der europäischen Einigung 34 Prozent aller Befragten, 46 Prozent antworteten mit "teils-teils", 15 Prozent mit "nicht wichtig".

Die starke euroskeptische Stimmung vor allem in der FDP und bei der Linken zeigte sich auch in den Reaktionen auf die Ankündigung der Europäischen Zentralbank, in Zukunft unbegrenzt Anleihen von Krisenländern aufkaufen zu wollen. FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle sprach von einem großen Risiko. "Das ist schon grenzwertig, was da erfolgt", sagte Brüderle in Mainz. Eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof, wie sie sein Fraktionskollege Frank Schäffler gefordert hatte, lehnte Brüderle aber ab.

Die Partei- und Fraktionsvize der Linken, Sahra Wagenknecht, sagte: "Während die Börse jubelt, leidet der überwiegende Teil der Menschen in Europa weiter unter Merkels Sozialkürzungsdiktat." EZB-Präsident Mario Draghi sei "nicht der Retter Europas, sondern ein Bodyguard für die Profite der Banken und Hedgefonds".

Der SPD-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Frank-Walter Steinmeier, erwartet vom Urteil des Verfassungsgerichts zu Rettungsschirm und Fiskalpakt keine Änderung: "Die parlamentarischen Entscheidungen werden Bestand haben." Gleichzeitig kritisierte er in der "Süddeutschen Zeitung" zunehmenden Populismus in der Debatte um Europa. "Glauben Sie nicht, dass es (Alexander) Dobrindt, (Markus) Söder oder (Philipp) Rösler um Europa geht. Tatsächlich interessiert sie Europa einen Dreck."

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