Mehrere Verletzte bei Unruhen in Teheran

Teheran (dpa) - Bei den schwersten Unruhen im Iran seit der Islamischen Revolution vor 30 Jahren sind am Samstagabend mehrere Menschen verletzt worden. Die Unruhen begannen unmittelbar nach einer Siegesrede von Alt- und Neu- Präsident Mahmud Ahmadinedschad im Fernsehen.
von  Abendzeitung
Demonstranten reißen Straßenbarrikaden der Polizei in Teheran nieder.
Demonstranten reißen Straßenbarrikaden der Polizei in Teheran nieder. © dpa

Teheran (dpa) - Bei den schwersten Unruhen im Iran seit der Islamischen Revolution vor 30 Jahren sind am Samstagabend mehrere Menschen verletzt worden. Die Unruhen begannen unmittelbar nach einer Siegesrede von Alt- und Neu- Präsident Mahmud Ahmadinedschad im Fernsehen.

Dieser war kurz zuvor zum Sieger der Präsidentschaftswahl erklärt worden. Unmittelbar danach gingen mehrere tausend Anhänger des unterlegenen Kandidaten Mir Hussein Mussawi auf die Straßen und protestierten gegen den vermeintlichen Wahlbetrug. Die Polizei setzte Knüppel und Tränengas gegen die Demonstranten ein. In der iranischen Hauptstadt gingen daraufhin zahlreiche Fahrzeuge, Reifen und Mülltonnen in Flammen auf, über einigen Stadtteilen hingen dichte Rauchwolken. Die EU äußerte sich besorgt über die Entwicklung.

Beobachter sprachen von einer «explosiven Situation» in Teheran, da am Abend auch das Mobilfunknetz abgeschaltet worden war. Zuvor schon war das SMS-Netz gekappt worden. Zusätzlich drohte im Iran am Sonntag auch die vollständige Stilllegung aller Internet-Verbindungen.

In seiner Siegesrede am Abend sprach Mahmud Ahmadinedschad von dem Beginn einer neuen Ära. Die Menschen im Iran seien nun voller Hoffnung. Die Wahl habe auch gezeigt, dass die Menschen wollten, dass der Iran respektiert werde, erklärte der Präsident. Zu den Vorwürfen, es habe Manipulationen bei der Auszählung gegeben, sagte er, das Ergebnis sei eindeutig. Mussawi, auf dessen Wahlsieg der Westen gehofft hatte, zweifelte dagegen das Ergebnis an. Er sprach von «Lügen» und einer «gefährlichen Inszenierung». Mahmud Ahmadinedschad hat bei der Wahl nach offiziellen Angaben über 62 Prozent der Stimmen erhalten, Mussawi kam demnach auf 34 Prozent.

Auf Bildern ausländischer Fernsehsender wurden einzelne Szenen der gewaltsamen Zusammenstöße gezeigt. Die Behörden drohten ausländischen Journalisten am Abend die Beschlagnahme ihrer Kameras und Fotoapparate an, sollten die Reporter damit auf den Straßen Teherans angetroffen werden. Zudem hieß es, dass der Aufenthalt ausländischer Journalisten, die nur zur Berichterstattung über die Wahlen nach Teheran gekommen waren, nicht verlängert werden sollte.

In der Vali Asr Straße im Norden von Teheran wurden nach Augenzeugenberichten drei Frauen und zwei Männer verletzt und in nahe gelegene Krankenhäuser gebracht. Alle fünf waren Anhänger des bei den Präsidentschaftswahlen unterlegenen Kandidaten Mir Hussein Mussawi. Es war jedoch unklar, ob die Verletzungen durch Zusammenstöße mit der Polizei oder mit Regierungsanhängern verursacht wurde.

Die EU äußerte sich besorgt über die Entwicklung. «Die Präsidentschaft ist besorgt über angebliche Unregelmäßigkeiten während des Wahlprozesses und (...) die Gewalt, die direkt nach der Bekanntgabe der offiziellen Wahlergebnisse ausbrach», heißt es in einer Erklärung des tschechischen EU-Vorsitzes, die am Samstagabend in Prag verbreitet wurde. Man hoffe, dass der Iran den Dialog in Nuklearfragen wieder aufnehmen und seine internationalen Verpflichtungen einhalten werde, hieß es weiter.

Die US-Regierung reagierte zunächst zurückhaltend. Washington hoffe, dass «das Ergebnis den wahren Willen und den Wunsch des iranischen Volkes spiegelt», sagte Außenministerin Hillary Clinton während eines Besuchs in Kanada am Samstag. Die USA verfolgten die Entwicklungen im Iran genau. Der kanadische Außenminister Lawrence Cannon erklärte, sein Land sei «tief besorgt» über Berichte, nach denen es zu Unregelmäßigkeiten bei den Wahlen gekommen sei.

Israel betonte nach Verkündung von Mahmud Ahmadinedschad Sieg die Gefahr einer nuklearen Bedrohung durch den Erzfeind. Das Resultat sei ein klares Signal dafür, dass es für die gegenwärtige Politik im Iran eine breite Unterstützung gibt, «und es wird so weitergehen», sagte Vize-Ministerpräsident Silvan Schalom in Jerusalem. «Die Vereinigten Staaten und die freie Welt müssen die Politik in Bezug auf die nuklearen Ambitionen Teherans überdenken», sagte er.

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