Martin Schulz als SPD-Chef bestätigt - Ja zu Gesprächen mit Union
Das Drama um die Regierungsbildung geht weiter. Die SPD ziert sich zwar, sagt dann aber doch Ja zu Gesprächen mit der Union. Ob dabei am Ende tatsächlich eine Bundesregierung herauskommt, ist aber fraglich.
Berlin - Die SPD hat Martin Schulz erneut zum Parteivorsitzenden gewählt. Der 61-Jährige erhielt am Donnerstagabend in Berlin 81,9 Prozent der Stimmen, nachdem der Parteitag kurz vorher mit großer Mehrheit Gesprächen mit der Union über eine Regierungsbildung zugestimmt hatte.
Nach dem Scheitern der Jamaika-Verhandlungen starten Union und SPD einen neuen Anlauf zu einer Regierungsbildung. Die SPD machte am Donnerstag auf einem Parteitag in Berlin nach stundenlanger kontroverser Debatte mit großer Mehrheit den Weg für "ergebnisoffene Gespräche" frei, die nächste Woche beginnen sollen.
Drei Ergebnisse sind möglich: Neuauflage der großen Koalition, Tolerierung einer Minderheitsregierung und Neuwahlen. "Es gibt keinen Automatismus für irgendetwas", versprach Parteichef Martin Schulz. Ein Antrag der Jungsozialisten (Jusos) für den Ausschluss einer großen Koalition wurde von den Delegierten abgeschmettert.
Die CDU begrüßte den Beschluss der SPD und bekräftigte das Ziel, "eine verlässliche und stabile Regierung für unser Land zu bilden". Der CDU-Vorstand werde nun am Sonntag und Montag über das weitere Vorgehen beraten, erklärte Bundesgeschäftsführer Klaus Schüler.
Schulz hatte vor der Abstimmung eindringlich für Gespräche mit der Union geworben. "Wir müssen nicht um jeden Preis regieren. Aber wir dürfen auch nicht um jeden Preis nicht regieren wollen", sagte der 61-Jährige in seiner mehr als einstündigen Rede.
In der anschließenden Debatte schlug ihm aber massiver Widerstand gegen eine große Koalition entgegen. Kurz vor der Abstimmung am Abend ergriff Schulz noch einmal das Wort und sagte: "Ich bitte um Euer Vertrauen und sonst überhaupt nichts."
Vor allem die Jusos machten Front gegen die Linie des Vorstands. Sie halten ein Regierungsbündnis mit der Union für "politischen Selbstmord" und warnen vor einer "Verzwergung" der SPD. "Wir haben ein Interesse daran, dass hier noch was übrig bleibt von diesem Laden, verdammt nochmal", sagte Juso-Chef Kevin Kühnert. "Die Erneuerung der SPD wird außerhalb der Koalition sein, oder sie wird nicht sein."
In seiner Rede übernahm Schulz als gescheiterter Kanzlerkandidat die Verantwortung für das mit 20,5 Prozent schlechteste Ergebnis der SPD bei einer Bundestagswahl und entschuldigte sich für seinen Anteil daran.
Er habe privat und politisch schon so manches Auf und Ab hinter sich. "Aber so ein Jahr kann man nicht einfach abschütteln. So ein Jahr steckt in den Knochen." Er wisse, wie enttäuscht und wütend viele Menschen seien. "Ich kann die Uhr nicht zurückdrehen, aber ich möchte als Parteivorsitzender meinen Beitrag dazu leisten, dass wir es besser machen."
Schulz hat sich vorgenommen, die Partei umfassend zu reformieren. "Die SPD muss wieder die Partei des Mutes werden", sagte er. Schulz war im März mit 100 Prozent der Stimmen zum Nachfolger von Sigmar Gabriel gewählt worden und wollte sich noch am Donnerstagabend zur Wiederwahl stellen. Für seine Rede erhielt er nur mäßigen Applaus.
Auch Fraktionschefin Andrea Nahles rief die Delegierten dazu auf, keine Angst vor der großen Koalition zu haben. Die SPD müsse mit "inhaltlicher Überzeugung und Selbstbewusstsein" in die Gespräche gehen und diese dann hart führen.