Manfred Weber: Eine leise Kampfansage

Wird Manfred Weber neuer Chef des EU-Parlaments? Oder hat er andere Pläne in der CSU, in Bayern und Deutschland?
Detlef Drewes |
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Auf dem Weg zum Chefsessel im EU-Parlament gibt es noch Hürden für Manfred Weber. Aber zieht es ihn vielleicht ohnehin in die Heimat?
Auf dem Weg zum Chefsessel im EU-Parlament gibt es noch Hürden für Manfred Weber. Aber zieht es ihn vielleicht ohnehin in die Heimat? © picture alliance/dpa/European Parliament

Manfred Weber sagt nicht "Ja". Noch nicht. Es ist zu früh, als dass der Chef der mächtigen christdemokratischen Fraktion im Europa-Parlament offen seinen Anspruch auf ein anderes mächtiges Amt erheben könnte. Der 48-jährige CSU-Politiker steht auf dem Sprung, Anfang 2022 der nächste Präsident des EU-Abgeordnetenhauses zu werden.

"Nicht vor September" werde er sich entscheiden, sagt er der AZ im Gespräch. Er setzt hinzu: "Es gibt in der Fraktion eine Erwartungshaltung." Und: "Wenn ich mich zur Wahl stelle, dann möchte ich natürlich auch gewählt werden. Ob ich kandidiere, ist aber völlig offen." Man darf das als zurückhaltende Kampfansage verstehen, die deshalb bedeutsam ist, weil es um mehr als nur eine Brüsseler Personalie geht.

Niemand will ausschließen, dass Webers Ambitionen auch in die bayerische und deutsche Politik reichen.

"Die Chance auf ein solches Amt bekommt man nur einmal im Leben"

Vor zwei Jahren war der Deutsche in der EU in aller Munde. Als Spitzenkandidat hatte er die Christdemokraten bei den Europawahlen zur stärksten Kraft gemacht. Sein Anspruch auf das Amt des Kommissionspräsidenten stand im Raum. Doch er scheiterte - vor allem am französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron und dem ungarischen Premier Viktor Orbán.

Weber, dem Bundeskanzlerin Angela Merkel in Vorahnung des Widerstandes das Amt eines deutschen Kommissars angeboten hatte, verlor. Aus seiner Enttäuschung hat er nie einen Hehl gemacht: "Die Chance auf ein solches Amt bekommt man nur einmal im Leben", sagt er jetzt.

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An einen zweiten Anlauf für den Präsidentenstuhl der wichtigsten EU-Behörde glaubt er nicht. Also stand er auf, bewarb sich erneut um den Vorsitz der christdemokratischen Fraktion in Straßburg. Als der italienische Sozialist David Sassoli zum Chef des Europäischen Parlamentes gewählt wurde, war klar, dass zur Hälfte der Amtszeit der Job an die Christdemokraten gehen würde.

Weber galt seither als die erste Wahl. Das ist immer noch so, obwohl Amtsinhaber Sassoli seit Monaten hinter den Kulissen für eine zweite Amtszeit wirbt, weil - so seine Argumentation - er aufgrund der Pandemie kaum etwas habe gestalten können. Doch Sassoli hat wenig Unterstützung. Also doch Weber?

Verhindert Macron Weber ein zweites Mal?

Er weiß, dass es ein Argument gibt, das man ausräumen müsste. Von drei Präsidenten der EU-Institutionen (Rat, Kommission, Parlament) kämen nach einer erfolgreichen Wahl zwei aus Deutschland. Die Sozialdemokraten stünden nach einem Amtswechsel ohne Spitzenposition da.

Es gibt Spekulationen zuungunsten Webers, in denen ein Liberaler für das Amt als besser passend beschrieben wird - vor allem, weil Macron mit seiner Regierungspartei La République en marche (LREM) Mitglied der liberalen Europafraktion ist. Verhindert Macron Weber ein zweites Mal?

Der Job als Parlamentspräsident gilt nicht nur wegen seiner herausgehobenen Stellung als Funktion mit Gewicht. Bei EU-Gipfeln tritt er vor den Staats- und Regierungschefs auf. Internationale Top-Politiker gehen bei ihm ein und aus. Längst gibt das Amt über das rein Repräsentative hinaus Macht und Einfluss, wenn man seine Stimme erhebt. Weber weiß das, wehrt sich aber dagegen, seine jetzige Position als Fraktionschef "abzuwerten. Die Fraktionen geben wesentlich den Kurs des Parlamentes vor".

Der CSUler der von sich sagt, er sei "ein europäischer Politiker mit starker Verwurzelung in Bayern und Deutschland, seitdem ich in die Politik gegangen bin und mich gegen eine Karriere in der Landespolitik entschieden habe", strahlt viel Engagement für Europa aus. Aber Brüssel und Straßburg sind nicht alles. Was also ist mit München oder Berlin?

"Markus Söder ist ganz klar der Chef"

Laut Weber ist das keine Option. "Völlig ausgeschlossen", heißt es auch aus dem CSU-Vorstand. Seine Gegner erinnern daran, dass Weber 2019 das Amt eines EU-Kommissars ausgeschlagen hat: "Da geht danach nix mehr, nicht in der CSU. Da hält sich quer durch die Partei das Mitleid in Grenzen."

Es gibt auch andere Stimmen. Sie fragen: Wen haben wir noch, wenn mit der Bundestagswahl im Herbst oder der Landtagswahl zwei Jahre später der Abwärtstrend nicht gestoppt wird? Weber sagt, dass er derlei spekulative Debatten nicht mag.

Er kontert sie mit einem Bekenntnis zum Parteivorsitzenden. "Markus Söder ist ganz klar der Chef", sagt Weber, "er vertritt heute die CSU, die ich mir schon vor Jahren gewünscht habe - mit einem wieder eindeutig proeuropäischen Kurs und einer scharfen Abgrenzung zur rechtspopulistischen AfD." Und aus einer Wortmeldung Webers in einer Vorstandssitzung im Juni über Stammwähler der CSU sei "keine Bewerbung für ein Amt in München oder Berlin herauszulesen."

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  • Heinrich H. am 04.07.2021 08:49 Uhr / Bewertung:

    .......es zeiht doch leider nur auf, das Deutsche Politiker auf den Internationalen Positionen, nicht nachgefragt werden, man braucht Deutschland nur, wenn man Geld benötigt, leider !

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