Mandoki: "Mit Orbán kann man über Kant diskutieren"
München - AZ-Interview mit Leslie Mandoki. Der ungarisch-deutsche Musiker und Produzent (65) arbeitete unter anderem für und mit Dschinghis Khan, Engelbert, Joshua Kadison und Phil Collins.
AZ: Herr Mandoki, Sie haben nicht nur am Sonntag 65. Geburtstag gefeiert, sondern sich auch einige Tage zuvor mit dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán getroffen. Wie kam’s?
LESLIE MANDOKI (65): Orbán war ja bekanntlich bei der CSU-Klausur in Seeon, und da hat er einige Tage zuvor spontan bei mir angefragt, ob ich nicht Zeit für ein Treffen hätte.
Hat Orbán einen speziellen Grund gehabt?
Nein, Orbán ist ein gebildeter Mensch, ein Akademiker, mit dem man über Schopenhauer und Kant diskutieren kann. Er will die deutsche Seele besser verstehen lernen, das Land, das Beethoven, Schiller und Johann Wolfgang von Goethe hervorgebracht hat.
Und da gaben Sie ihm quasi Nachhilfe?
Ja, wenn man so will. Ich selbst kam ja in den 70er-Jahren nach Deutschland, damals in die Udo Lindenbergsche Republik. Ich konnte kein Wort Deutsch, aber für mich galt damals – und gilt immer noch – das Wort von Rosa Luxemburg: "Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden." Ich bin ein Jünger von Willy Brandt und dessen Ansicht, dass es am wichtigsten ist, dass die Menschen miteinander reden – so wie Brandt mit Breschnew.
Orbán hat eine Einstellung in der Flüchltingsproblematik, die sich diametral von der von Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel unterscheidet. Ob sie sich jemals annähern werden?
Die Ungarn sind ein freiheitsliebendes Volk. Seine Vorbehalte muss man auch historisch betrachten. Die muselmanische Besatzungszeit, wie sie immer noch genannt wird, dauerte 180 Jahre lang. Auch gibt es in Ungarn Angst vor einem muslimischen Antisemitismus, immerhin steht in Budapest die größte Synagoge Europas.
Anders als das Verhältnis zu Berlin ist das ungarische Verhältnis zu München bestens.
Auch hier hilft ein Blick in die Geschichtsbücher: Ungarns erste Königin war eine Bayerin – und heute steht das größte Audi-Werk in Gyõr in Ungarn. Da ist es doch normal, dass man miteinander redet – so wie Seehofer und Orbán in Seeon – und nicht herumpöbelt wie Martin Schulz, der gefordert hat, dass endlich jemand Seehofer die Grenzen aufzeigen müsse.
Leslie Mandoki spielt mit seinen Soulmates am 29. Januar bei der Grammy-Verleihung im Beacon Theatre in New York. Zu den "Seelenverwandten" gehören unter anderen Bobby Kimball (Toto), Chris Thompson (Manfred Mann’s Earth Band), John Helliwell und Mark Hart (Supertramp).
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