Manche Schläger sind gleicher

Der Übergriff des Fürther-U-Bahn-Schlägers war noch brutaler als der in München, mit dem Roland Koch letztes Jahr in Hessen Wahlkampf gemacht hatte. Doch diesmal bleiben die entsetzlichen Videoaufnahmen unter Verschluss. Warum Günther Beckstein den brutalen Fürther Fall so selten sanftmütig behandelt
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Günther Beckstein – früher als Innenminister pflegte er seinen Ruf als schwarzer Sheriff für Law and Order.
dpa Günther Beckstein – früher als Innenminister pflegte er seinen Ruf als schwarzer Sheriff für Law and Order.

MÜNCHEN/FÜRTH - Der Übergriff des Fürther-U-Bahn-Schlägers war noch brutaler als der in München, mit dem Roland Koch letztes Jahr in Hessen Wahlkampf gemacht hatte. Doch diesmal bleiben die entsetzlichen Videoaufnahmen unter Verschluss. Warum Günther Beckstein den brutalen Fürther Fall so selten sanftmütig behandelt

Günther Beckstein, als Innenminister einst Bayerns Schwarzer Sheriff, gibt kurz vor der Landtagswahl lieber den Softie und bremst sogar seine Familienministerin Christa Stewens. Man dürfe den Vorfall nicht „unnötig emotional aufladen“, heißt es in der CSU. „Das ist die pure Scheinheiligkeit“, empört sich die grüne Sicherheitsexpertin Christine Stahl.

Dass Beckstein aus der Hessen-Wahl gelernt hat, glaubt Bayerns Opposition nicht. „Diesmal war der 15-jährige Schläger nämlich kein Ausländer, sondern ein reinrassiger Bayer“, sagt Christine Stahl. „Und das passt Beckstein nicht ins CSU-Konzept.“ SPD-Herausforderer Franz Maget hatte noch kürzlich orakelt: Die CSU werde kurz vor der Wahl schon noch einen schwerkriminellen ausländischen Jugendlichen aus der Versenkung holen und dessen Abschiebung fordern.

Es geht ja um einen bayerischen Buben

Doch in Hessen, wo Koch die Münchner U-Bahn-Schlägerei ausgeweidet hatte, zückten die Wähler dafür die Rote Karte. Dieses Risiko will Beckstein um jeden Preis verhindern. Und schließlich geht’s ja auch um einen bayerischen Buben aus einer anständigen, gutsituierten Fürther Familie. Da verwandelt er sich lieber in den Naiven und Verständnisvollen. Seine Familienministerin Christa Stewens blaffte er an, als die, wie in solchen Fällen immer, sofort forderte: „Solche Kinder und Jugendlichen müssen aus ihrem sozialen Umfeld, aus der Familie herausgelöst und konsequenten Erziehungsmaßnahmen unterzogen werden.“

Doch Beckstein selbst hat „private Informationen“. Daher wisse er, dass der 15-jährige Schläger bislang „relativ unauffällig“ gewesen sei und nur wegen zweier Eigentumsdelikte Ärger mit der Polizei gehabt habe. Den Gewaltausbruch des Schlägers, der schon als Achtjähriger mittelfränkischer Meister im Karate war, bezeichnete er gar als „völlig unerklärlich“. Der sei nach seinen „nicht offiziellen Erkenntnissen“ einfach nicht vorhersehbar gewesen.

Vielleicht hätte sich der Ministerpräsident da besser von seiner Justiz informieren lassen. Die Staatsanwaltschaft, die einen Haftbefehl wegen Mordversuchs erlassen hat, war gestern verwundert. Dort ist der Bub ein alter Bekannter. Vor seinem 14. Lebensjahr wurde er als Schulschwänzer vom Jugendamt betreut – die Maßnahme dann aber wegen Aussichtslosigkeit eingestellt.

Das Strafregister

Mit dem 14.Lebensjahr gab’s ein Strafregister: Vier Einträge hat es. Langsam schaukelte es sich hoch. Für den „Missbrauch von Ausweisen“ bekam er einen Verweis. Wegen Sachbeschädigung wurde er zu gemeinnütziger Arbeit verurteilt. Wegen Diebstahls ebenfalls zum Arbeitseinsatz. Schließlich kam er wegen zwei Fällen von Körperverletzung verbunden mit Diebstahl vor Gericht. Die Strafe: Arrest und 20 Stunden Arbeit.

„Bei einem ausländischen Jugendlichen hätte sich Beckstein sofort eine Vorlage von seiner Justizministerin machen lassen“, ist Christine Stahl überzeugt. „Und der Innenminister hätte die Ausweisung gefordert.“ Ob nun scheinheilig oder nicht – SPD-Herausforderer Franz Maget sagt: „Ich jedenfalls bin froh, dass der Fall von der CSU nich aufgebauscht wird.“ bö/hr

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