Maas gegen Hass im Netz: "Endlich ernst machen"
München - Es ist eine kleine, aber laute Gruppe, die sich nur wenige Meter vor dem Bürgersaal Fürstenried mit Schildern und Megafon positioniert hat. Dort will Heiko Maas am Dienstagabend mit Bürgern über seinen Gesetzentwurf gegen Hass und Hetze im Netz diskutieren. Der SPD-Bundestagskandidat aus dem Münchner Süden, Sebastian Roloff, hat eingeladen.
Den Protestlern der AfD passt das Gesetz gar nicht. "Freiheit für Facebook" skandieren sie, und: "Nehmen Sie dieses Gesetz sofort zurück".
Laut Entwurf müssen Plattformen ab zwei Millionen Nutzern Hasskommentare und Fake News innerhalb von 24 Stunden löschen – in "komplizierten Fällen" innerhalb einer Woche – sonst drohen ihnen Geldstrafen von bis zu 50 Millionen Euro.
Laut AfD schränkt das Gesetz die Meinungsfreiheit ein. Die Gegendemonstranten finden: "Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda." Doch im Vergleich zu einer Veranstaltung in Dresden am Montag hält sich der Gegenwind in Grenzen – während der Veranstaltung bleiben die über 100 Münchner friedlich. Auch viele junge Leute sind darunter, die Bedenken anmelden, dass ihre Beiträge nun womöglich provisorisch gelöscht werden, obwohl sie nicht strafbar sind.
Der Bundesjustizminister gibt ehrlich zu, dass das passieren könnte und argumentiert, dass es "kein Recht auf einen Account bei Facebook" gebe – und damit auch nicht auf die eingestellten Bilder und Kommentare. Sein Credo: "Die Hasskriminalität ist um 300 Prozent gestiegen. Wir erhoffen uns von dem Gesetz, dass die Plattform-Betreiber endlich ernst machen." Er erntet Applaus.
Drei Fragen an Heiko Maas
„Es wird einen kurzen, knackigen, heftigen Wahlkampf geben“
AZ: Herr Justizminister Maas, sowohl in Dresden als auch am Dienstag in München gab es AfD-Proteste gegen Ihr Gesetz. Wie gehen Sie damit um?
HEIKO MAAS: Als Politiker braucht man ein etwas dickeres Fell. Die Leute nehmen ihr Demonstrationsrecht wahr. Ob Rufe wie "Hau ab" und andere einen besonderen Beitrag zur Debattenkultur darstellen, das muss jeder für sich selbst beurteilen. Dass es Kritik gibt, gehört in der Politik dazu. Ich bin jederzeit bereit, mit allen auf einer sachlichen Ebene zu diskutieren.
Sie waren auch maßgeblich an der Mietpreisbremse beteiligt – bisher spüren die Münchner wenig davon. Muss man nachbessern?
Damit die die Mietpreisbremse möglichst vielen Menschen hilft, wollen wir sie verschärfen. Denn: Sie gilt in Ballungsräumen, dort konkurriert man mit 20, 30, 40, 50 anderen Bewerbern. Und wenn man dann hingeht und den Vermieter erstmal damit nervt, dass man gerne den vorherrigen Mietpreis erfahren würde, war es das wohl. Das kann man ganz einfach ändern, indem in Zukunft der Vermieter dazu verpflichtet wird, die Vormiete beim Abschluss eines Mietvertrages auszuweisen. Dann haben alle die gleichen Voraussetzungen.
Bitte eine kurze Einschätzung zur anstehenden Bundestagswahl: Kann die SPD noch aufholen?
Ja! Ich glaube, es wird einen ganz kurzen, knackigen, heftigen Wahlkampf geben, in den letzten vier Wochen. Und wie schnell die SPD da auf Augenhöhe mit der CDU ist, haben wir doch Anfang des Jahres gesehen. Erste Schritte haben wir gemacht. Unsere Konzepte zu Rente und Steuern finden breite Zustimmung. Wir werden bis zum Ende für unser großes Thema Gerechtigkeit kämpfen.
Interview: Lisa Marie Albrecht
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