Luxus-Pension: Eichel kassiert saftig ab
Streit vor Gericht um die Pensionsansprüche des Ex-Finanzministers: Er soll künftig 9600 statt 7100 Euro im Monat erhalten – das Geld muss voraussichtlich das Land Hessen bezahlen.
Leipzig - Es ist eine Niederlage – aber eine, die sehr profitabel sein könnte: Vor Gericht kämpft der SPD-Politiker Hans Eichel seit Jahren um eine Pensionserhöhung. Jetzt ist er vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig mit seiner Klage gegen die Stadt Kassel gescheitert. Aber die Richter machten ihm Hoffnung. Zwar müsse nicht die Stadt zahlen – aber vom Land Hessen könnte er 2500 Euro monatlich dazubekommen.
Momentan bezieht der 69-Jährige rund 7100 Euro Pension aus seiner Zeit als Finanzminister von 1999 bis 2005. Doch Eichel hatte davor schon Ämter, bei denen er Pensionsansprüche erworben hatte. Von 1975 bis 1991 war er Oberbürgermeister der Stadt Kassel, danach acht Jahre Ministerpräsident.
Schon 1999, als Eichel als Ministerpräsident abgewählt wurde, stand seine Altersversorgung fest: rund 9600 Euro im Monat. Doch Eichel setzte sich nicht zur Ruhe und wurde Finanzminister in Berlin. Das bescherte ihm einen weiteren Anspruch auf Pension. Der Bund beschloss, ihm für seine Dienste als Minister exakt 7144 Euro zu zahlen. Das Land Hessen und die Stadt Kassel waren sich uneins, wer die Differenz zu 9600 überweisen soll. Eichel klagt gegen beide.
„Das Prinzip ist, dass ein Diener dreier Herren nicht dreimal so viel bekommt“, sagte gestern der Vorsitzende Richter Georg Herbert und wehrte die Klage gegen die Stadt Kassel ab. Ein Ruhegeld aufgrund eines Dienstverhältnisses als Beamter plus eine Ministerpension seien ausgeschlossen. Aber: Anders verhalte es sich aber bei den „durchaus großzügigen Regelungen“ des Landes Hessen für Eichels Arbeit als Ministerpräsident. Das Gericht machte deutlich, dass Eichel eine Gesamtpension von 9600 Euro zustehe. Es wäre wünschenswert, wenn das Land Hessen „die Korrektur von 2500 Euro“ vornähme, so Herbert, um einen weiteren Gerichtsmarathon zu vermeiden. Das Verfahren gegen Hessen ruht momentan, doch für einen Prozess habe Eichel beste Erfolgsaussichten.
Mit seinem Vorgehen machte sich Eichel nicht beliebt. Seine Parteigenossin Andrea Nahles bezeichnet die Klage zwar als „Privatsache“, sieht aber gleichzeitig einen „verheerenden Eindruck“.
Für 9600 Euro müsste der Durchschnittsbürger 349 Jahre arbeiten
Die Unterschiede zwischen gesetzlicher Rente und Pension sind gewaltig
Die Pension eines ehemaligen Bundesministers kann man nicht mit der Altersversorgung eines Beamten oder gar eines Rentners vergleichen. Das folgende Rechenbeispiel macht das Verhältnis deutlich: 9600 Euro monatlich im Alter zu bekommen – so etwas ist für einen gesetzlich Rentenversicherten eine unerreichbar hohe Summe. 349 Jahre müsste ein deutscher Durchschnittsverdiener in Westdeutschland dafür einzahlen. Selbst ein Topverdiener, der lebenslang über 5500 Euro monatlich brutto verdient, bräuchte noch 174 Jahre. Um bis zum Tode eine solche Rente aus privater Vorsorge zu erhalten, müsste er bei zwei Prozent Zinsen bis zum Rentenbeginn 5,8 Millionen Euro angespart haben.
Die Unterschiede zwischen pensionierten Beamten und normalen Angestellten, die in Rente gehen, ist immer noch riesig. Wie Cornelia Krüger vom Deutschen Beamtenbund (dbb) bestätigt, bekommen pensionierte Bundesbeamte momentan 71,75 Prozent des Bruttogehalts aus den letzten drei Jahren ihres Berufslebens – in diesen Jahren verdienen sie am meisten. Die gesetzliche Rente dagegen wird aus dem Durchschnitt des gesamten Berufslebens berechnet. Laut Alterssicherungsbericht des Arbeitsministeriums hatten Pensionäre 2008 ein durchschnittliches Ruhegeld von 2470 Euro (vor Steuern und Krankenkassenbeitrag), Rentner dagegen kamen auf 1074 Euro brutto (die tatsächlich ausgezahlten Beträge sind zwar niedriger; die AZ hat der Vergleichbarkeit halber aber den Kassenbeitrag dazugerechnet).
Und die Pensionen kosten den Staat viel Geld – laut Bund der Steuerzahler werden die Vorsorgungsausgaben im Jahr 2050 auf über 90 Milliarden Euro ansteigen. Die Rückstellungen – falls überhaupt vorhanden – reichen nicht aus.
„Das Problem: Die Zahl der Beamten hat sich zwischen den 1970er und 1980ern verdoppelt. Und diese Pensionen müssen nun bezahlt werden“, sagt Finanz-Professor Dr. Bernd Raffelhüschen von der Uni Freiburg. Schuld an der Misere: Beamte kosten den Staat während der Arbeitszeit weniger, für sie müssen keine Sozialbeiträge gezahlt werden. Der große Batzen kommt dann aber mit Verzögerung.
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