Lukaschenko will fünfte Amtszeit

Der autoritäre weißrussische Machthaber Alexander Lukaschenko strebt bei der Präsidentenwahl in der Ex-Sowjetrepublik eine fünfte Amtszeit an.
von  dpa

Minsk - Beobachter hofften am Sonntag auf einen friedlicheren Verlauf als 2010, als in der Hauptstadt Minsk Hunderte Regime-Gegner festgenommen worden waren. Anzeichen für eine ruhige Wahl gab es am Samstagabend, als mehreren Hundert Menschen friedlich im Stadtzentrum protestierten und Lukaschenkos Rücktritt forderten. Zahlreiche Sicherheitskräfte in Zivil begleiteten die nicht genehmigte Kundgebung, ließen die Demonstranten aber gewähren.

Der 61-jährige Lukaschenko regiert die Ex-Sowjetrepublik mit knapp zehn Millionen Einwohnern seit 1994. Er gilt als "Europas letzter Diktator". Den anderen Bewerbern - einer Vertreterin der Opposition und zwei als regimetreu geltenden Kandidaten - werden keine Chancen eingeräumt. Wahlberechtigt sind etwa sieben Millionen Menschen.

Nach der letzten Wahl 2010 hatte Lukaschenko Proteste niederschlagen lassen und viele Gegner ins Gefängnis gesteckt. Die EU und die USA verhängten Sanktionen. Lukaschenko hofft auf eine Lockerung der Strafmaßnahmen, wenn die Wahl ohne Zwischenfälle abläuft und von Beobachtern der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) nicht zu scharf kritisiert wird.

In Berlin sieht man die Wahl als Testfall: "Unsere Erwartung ist, dass sich Repressionen wie 2010 nicht wiederholen dürfen. An einer Intensivierung des Dialogs zwischen der EU und Weißrussland müssen beide Seiten ein Interesse haben", hieß es aus dem Auswärtigen Amt. Im Vorfeld der Wahlen hatte Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) am Freitag mit seinem weißrussischen Amtskollegen Wladimir Makej telefoniert.

Viele Jugendliche waren unter den Demonstranten im Zentrum von Minsk und forderten mehr Freiheiten in dem autoritären Land, das als letzter Staat in Europa die Todesstrafe vollstreckt. Vereinzelt schwenkten die Demonstranten Europa-Fahnen und riefen immer wieder: "Es lebe Weißrussland".

"Für die Freiheit braucht es freie Menschen und die gibt es noch nicht", sagte Literaturnobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch über ihre Heimat. Bei einem Besuch in Berlin kritisierte die 67-jährige Schriftstellerin Machthaber Lukaschenko scharf. Der Amtsinhaber werde in jedem Fall bestätigt, meinte sie. In Weißrussland komme es nach einem Spruch Stalins nicht darauf an, wer wähle, sondern wer die Stimmen auszähle. Auf lange Sicht rechne sie nicht mit einem Ende der Diktatur in ihrer Heimat. Der weißrussischen Schriftstellerin war am Donnerstag der Nobelpreis für Literatur zuerkannt worden.

2010 hatte die Wahlkommission Lukaschenko knapp 80 Prozent der Stimmen zugesprochen. Die OSZE hatte die Wahl als undemokratisch kritisiert. Sorgen bereitet Wahlbeobachtern auch in diesem Jahr, dass nach Behördenangaben von Dienstag bis Samstag schon etwa 30 Prozent der Wähler ihre Stimmen abgegeben hätten. Diese vorzeitige Wahl gilt als anfällig für Manipulationen.

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