Leutheusser-Schnarrenberger: „Nicht euphorisch, aber zufrieden“

Die Die bayerische FDP-Chefin und Justizexpertin der FDP Sabine Leutheusser-Schnarrenberger über die neue Linie von Schwarz-Gelb bei der inneren Sicherheit.
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Die bayerische FDP-Chefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
dpa Die bayerische FDP-Chefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger

Die Die bayerische FDP-Chefin und Justizexpertin der FDP Sabine Leutheusser-Schnarrenberger über die neue Linie von Schwarz-Gelb bei der inneren Sicherheit.

AZ: Frau Leutheusser-Schnarrenberger, sind Sie noch euphorisiert von Ihrer Einigung mit der Union in der Innen- und Rechtspolitik?

SABINE LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Euphorisiert bin ich nicht, aber ganz zufrieden. Das war ein ziemlicher Verhandlungsmarathon. Wir haben fünf Tage lang je acht bis zehn Stunden zusammengesessen, zum Schluss viele Einzelgespräche geführt. Aber da eine liberale Handschrift herausgekommen ist, hat sich die Mühe gelohnt.

Warum sind Sie zügiger zu Potte gekommen als die Finanz- und Gesundheitsexperten?

Scherzhaft könnte man sagen: Weil das, was wir entschieden haben, kaum Geld kostet. Aber im Ernst: Wer – wie im Bereich Finanzen – mit Prognosen und Schätzungen arbeiten muss, tut sich ungleich schwerer, als wir mit der Kenntnis klarer Positionen auf beiden Seiten. Trotzdem: Unsere Verhandlungen waren alles andere als einfach.

Gab's eine Rollenverteilung bei der Union: Einer spielte den Konzilianten, der andere den Krawalligen?

Es war klar das Ziel von Herrn Schäuble, zu einem Konsens zu kommen. Andernfalls hätten wir keine Beschlüsse gefallt, die noch vor ein paar Monaten mit der Union nicht vorstellbar schienen. Natürlich hat Hessens Innenminister Bouffier auch deutlich eine Rolle wahrgenommen. Wir Liberale wiederum hatten die Rolle inne, die uns auf den Leib geschneidert ist: immer sehr, sehr sachlich sein.

Über welches Ergebnis freuen Sie sich am meisten?

Ganz oben an steht, dass die rechtlich stritten Internetsperren nicht angewendet werden. Die Koalition hat sich auf den Grundsatz „löschen statt sperren" verständigt. Nach einem Jahr werden wir die Erfahrungen mit der Anwendung dieses Grundsatzes prüfen. Unser Problem war, dass das Sperr-Gesetz bereits durch alle parlamentarischen Gremien gelaufen ist. Das können wir jetzt nicht einfach beim Bundespräsidenten aus der Schublade holen und wegwerfen. Also haben wir die Regelung auf Eis gelegt, das heißt: Eine Infrastruktur für Internet-Sperren, durch die auch die Gefahr des Missbrauch bestehen würde, wird es erst einmal nicht geben.

Das heißt: Das Gesetz bleibt in Kraft, aber wird nicht angewendet? Wer bürgt dafür?

Der Bundesinnenminister weist das Bundeskriminalamt an, sich entsprechend zu verhalten.

Die Vorratsdatenspeicherung wiederum...

...setzen wir bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichts auf Bundesebene komplett für die Strafverfolgung aus - außer wenn Gefahr für Leib und Leben besteht. So haben wir das auch in Bayern gemacht.

Die Onlinedurchsuchung konnten Sie nicht kippen.

Aber dem Verfassungsschutz bleibt das Instrument verwehrt. Sie steht weiter in im BKA-Gesetz, das ist wahr. Aber wir haben Verbesserungen erreicht: Zuständig für die Erlaubnis heimlicher Durchsuchungen ist nicht mehr ein Amtsgericht, sondern die Bundesanwaltschaft und der Bundesgerichtshof.

Das Zuckerl für die Union war wohl die Verschärfung des Jugendstrafrechts?

Zunächst einmal: Dessen Kern wird nicht angestastet: das ist die Wahlmöglichkeit zwischen Jugend- und Erwachsenenstrafrecht bei ab 18-Jährhigen. Diesen Paragrafen haben wir mit Zähnen und Klauen verteidigt. Neu ist: Wenn Jugendstrafrecht bei heranwachsenden Mördern angewandet wird, kann es künftig 15 statt 10 Jahren Haft geben. Das halte ich für richtig.

Am Wochenende geht's für Sie in die Marathon-Verhandlungen in großer Runde. Wie halten Sie sich da fit?

Zunächst einmal sehe ich zu, dass zwischen meiner Kolllegin Cornelia Pieper und mir der Obstteller mit Ananas und exotischen Früchten steht. Den verputzen wir immer gleich nebenbei. Und ich versuche, nicht pausenlos alle Kaffeekannen leerzutrinken, sondern mich am gesunden stillen Wasser zu ergötzen. Außerdem bin ich froh, dass ich mit einem fertig verhandelten Kompromiss dasitze und damit nicht von irgendwelchen Zufallsstimmungen abhängig bin.

Eine Frage muss noch sein: Nachdem Sie sich mit Wolfgang Schäuble so geräuschlos verständigt haben, riecht alles nach einem Tandem. Er bleibt Innenminister, Sie werden Justizministerin...

Ach je. Personalfragen beantworte ich erst, wenn sie anstehen.Interview: Markus Jox

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