Laschet stellt Söder-Biographie vor: "Jeder Ministerpräsident kann auch Bundeskanzler"
Berlin - Wollen Sie einen ungeduldigen Ehrgeizling als nächsten Bundeskanzler? Wohl kaum. Auch Unterhaltsamkeit dürfte in dieser Krisenzeit nicht die wichtigste Eigenschaft des nächsten Regierungschefs sein. Aber das sind genau die Attribute, die Armin Laschet auf Nachfrage Markus Söder zuspricht: Er sei clever, ehrgeizig, unterhaltsam, ungeduldig. Aber natürlich alles nur im besten Sinne!
Bringt Söder Laschet um die Kanzlerkandidatur?
Laschet präsentierte bei einer Online-Premiere die Biografie "Markus Söder. Der Schattenkanzler" der SZ-Autoren Roman Deininger und Uwe Ritzer, eine aktualisierte Version ihres Buchs von 2018. Laschet war natürlich voll des Lobes für Söder - nur war dieses Lob, wie bei den erwähnten Eigenschaften, gern mal zweideutig. Kein Wunder: Sollte Laschet im Januar den Kampf um den CDU-Vorsitz gewinnen, kann ihn nur noch Söder um die Kanzlerkandidatur bringen. Dennoch - oder gerade deshalb - stellten die Rivalen im Wartestand Biografien über den anderen vor. Söder hatte Ende September den Anfang gemacht.
Respekt vor der Schwesterpartei
Nun spricht Laschet über seinen Amtskollegen. Und grundsätzlich schließt er dessen Kanzlerkandidatur nicht aus. Nach den Landtagswahlen Mitte März sollten die Präsidien von CDU und CSU einen Kandidaten aufstellen, sagt er. "Und ich finde, ein CDU-Vorsitzender sollte auch den Respekt vor der Schwesterpartei aufbringen, dass man sagt: Es ist beides denkbar." Doch zwischen den Zeilen deutet Laschet immer wieder an, wen er für den geeigneteren Kandidaten hält. Er spricht zwar in rheinisch-jovialem Ton über Söder - und findet doch immer wieder die Lücke in dessen Verteidigung, um einen kleinen Hieb zu verpassen.
Viele Gemeinsamkeiten
Sie hätten viel gemein, sagt Laschet: das Jurastudium in München, die journalistische Ausbildung, die Zeit beim BR. Doch hätte Söder immer das Amt des bayerischen Ministerpräsidenten angestrebt, während er Bundes- und Europapolitiker war, sich in Entwicklungs- und Außenpolitik engagierte. Wen der Wähler da wohl besser, ließe sich fragen, zum nächsten G20-Gipfel schicken sollte?
Für Merz und Röttgen findet Laschet keine guten Worte
Söder habe seine Ämter mit viel Fleiß und Präsenz errungen. "Ich weiß nicht, ob ein Stil von Markus Söder nach Nordrhein-Westfalen gepasst hätte", sagt Laschet über dessen Aufstieg. In Bayern müssten Politiker "in der Lage sein, 5.000 Menschen in der Passauer Nibelungenhalle in Begeisterungsstürme zu versetzen." Ob das auch, ließe sich fragen, nördlich des Mains funktionieren würde?
Andererseits: Sollte Laschet in den Wahlkampf ziehen, müsste ihm jemand sagen, dass die Nibelungenhalle 2004 abgerissen wurde. Schließlich: "Die Art, wie man eine Koalition führt und über Parteigrenzen hinweg Mehrheiten finden muss, ist in Bayern nicht so ausgeprägt, weil man immer stark war und absolute Mehrheiten hatte." Laschets politisches Leben sei dagegen vom Ringen um Kompromisse geprägt - und "das wird in der nächsten Kanzlerschaft entscheidend sein".
Essenzielle Regierungserfahrung
Gewiss, er hat auch unzweideutiges Lob für Söder übrig. Dieser sei schon in den Neunzigern sensibel für ökologische Themen gewesen. Und in der Corona-Krise habe er gut gehandelt, da seien beide immer enger beisammen gewesen, als es dargestellt wurde. Wenn er Gutes über Söder sagt, schließt sich Laschet gern mit ein. Ob Söder kanzlertauglich sei? Natürlich, antwortet der Ministerpräsident von NRW: "Jeder Ministerpräsident, der ein großes Land regiert, kann auch Bundeskanzler."
Regierungserfahrung sei essenziell, und man sollte mal einen erfolgreichen Wahlkampf geführt haben. Das gilt für Söder bedingt - für Laschets Konkurrenten um den CDU-Vorsitz Friedrich Merz und Norbert Röttgen gar nicht: Ersterer trat noch nie an, Letzterer verlor 2012 in NRW krachend. Für die beiden hat er auch sonst keine guten Worte übrig: Dass Röttgen im Kampf um den CDU-Vorsitz zuletzt aufgeholt habe, sei kein Wunder. Er könne sich ja von morgens bis abends darum kümmern und telefonieren, sagt NRWs erster Krisenmanager.
Söder als Zumutung für Journalisten
Auch die Autoren haben einen kurzen Auftritt. "Die Begleitung von Söder ist manchmal eine Zumutung für Journalisten, hat aber einen hohen Unterhaltungswert", sagt Deininger. Eine atemberaubende Entwicklung habe der in den letzten zweieinhalb Jahren hingelegt. Wendepunkt sei gewesen, als ihm im Landtagswahlkampf klar wurde, dass sein rhetorischer Kurs "in rechtspopulistischen Grenzregionen" nicht aufgehen würde. Nachdem er die Wahl "fast wundersam überlebt" habe, habe er sich neu erfunden: "als Bienen- und Baumumarmer".
Man entscheide nicht nach Umfragen
Die Wahrscheinlichkeit, dass Söder nach seinem Aufstieg als Corona-Krisenmanager Kanzlerkandidat werde, schätzt Deininger als gering ein. Er sei risikoscheu und habe in Berlin kein belastbares Netzwerk. Anders wäre es, wenn ihn die CDU mit "der Sänfte" aus der Staatskanzlei abholen würde. "Zutrauen würde er sich's auf jeden Fall", ergänzt Ritzer. Und muss die Union nicht den Kandidaten mit den besten Umfragewerten aufstellen, also Söder? Laschet sagt auf diese Frage: Man entscheide nicht nach Umfragen. Und streut doch ein, dass Söder auch schon mal schlechte Werte gehabt habe.