"Lange Gespräche sind noch nicht möglich"
Trotzdem kündigen die Ärzte die Rückkehr von Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus in die Politik an – "vor oder um die Sommerpause". Ob er dann schon wieder fit ist für einen anstrengenden Wahlkampf ?
ALLENSBACH Die Sätze der behandelnden Ärzte klingen wie Beschwörungsformeln: "Dieter Althaus hat nie einen Zweifel daran gelassen, dass er in die Politik zurückkehren will." "Noch vor der Sommerpause kann er politisch wieder tätig werden." "Der Verlauf der Reha ist sehr positiv." Die Botschaft, die auch an die zunehmend unruhiger werdende thüringische CDU gerichtet ist: Es wird alles wieder gut.
Doch der Eindruck nach dieser Pressekonferenz im Rathaus des Bodensee-Städtchens Allensbach ist ein ganz anderer. Die Kontaktsperre zu Menschen außerhalb der Familie werde weiter aufrecht erhalten, sagt der ärztliche Klinikleiter Joachim Liepert: "Herr Althaus braucht noch Ruhe." Ausführlich habe er nicht mit ihm über seine weitere Polit-Karriere gesprochen: "Längere Gespräche sind noch nicht möglich", sagt Liepert. "Ein Problem ist auch die begrenzte Ausdauer bei geistig anspruchsvollen Tätigkeiten." Den Fernseher müsse Althaus nach 15 Minuten wieder abschalten. Aber dafür mache er schon längere Spaziergänge mit Ehefrau Katharina und surfe ein wenig im Internet. Auf eine Nachfrage, ob er den Rückkehr-Zeitpunkt genauer festlegen könne, relativiert der Neurologe: "Vor oder um die Sommerpause."
Reichen drei Wochen Wahlkampf aus?
Die Sommerpause endet in Thüringen am 5. August. Nur 25 Tage später ist die Landtagswahl – kann das funktionieren? Ein dreiwöchiger Wahlkampf mit einem Hirnverletzten, der gerade frisch aus der Reha kommt? Kann Dieter Althaus, der es im Moment nicht schafft, eine Zeitung ganz durchzulesen, schon in einem halben Jahr knochenharte 16-Stunden-Tage durchstehen? Der Job als Spitzenkandidat ist schließlich deutlich stressiger als das ohnehin nicht sonderlich gemütliche Ministerpräsidenten-Amt.
In Thüringen wurde die Mitteilung der Ärzte gestern optimistisch aufgenommen: "Ich Freude mich sehr über die günstigen Prognosen und hoffe, dass sie auch so eintreffen werden", sagte CDU-Landesgeschäftsführer Andreas Minschke. Seine Stellvertreterin Birgit Diezel: "Wir ziehen mit ihm in die Landtagswahl, Dieter Althaus ist unser Spitzenkandidat." Im März, sobald die Kontaktsperre aufgehoben sei, wolle sie ihren Chef am Bodensee besuchen. Althaus selbst will so bald wie möglich nach Thüringen zurückkehren und sich ambulant weiterbehandeln lassen. Die Ärzte wollen aber erst in einem Monat entscheiden, ob er in der Reha bleiben muss.
Bleibt die moralische Frage: Kann ein Mann, der den Tod eines Menschen zu verantworten hat, einfach so weitermachen? Ja, findet Innenminister Wolfgang Schäuble: "Es handelt sich bei dem Skiunfall ja nicht um ein moralisch verwerfbares Tun." Trotzdem: Der einjährige Sohn der Skifahrerin Beata C. hat keine Mutter mehr, ihr Mann keine Frau – durch Althaus’ Schuld. Das ist eine psychische Last, mit der sich der Politiker auseinandersetzen muss. Noch hat er keine Erinnerung an den Unfall, sagt sein Arzt. "Es ist auch unwahrscheinlich, dass sie zurückkehren wird."
A. Zoch
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