Landtagswahl: Mögliche Koalitionen - wer mit wem?
Die AZ sagt, welche Koalitions-Szenarien möglich sind – und welche Chancen und welche Hürden es gibt.
München - So spannend war die Landtagswahl in Bayern entscheiden sich erst in letzter Sekunde am Wahltag. Die AZ machte den Koalitions-Check. Sieben Regierungs-Varianten sind möglich:
Variante 1: Schwarz
Mission erfüllt. König Horst wird zum Alleinherrscher gekrönt. Alle Umfragen sehen die Christsozialen zwischen 46 und 47 Prozent. Das deutet auf eine absolute Mehrheit hin, weil die FDP an der Fünf-Prozent-Hürde scheitert – und die Opposition den leichten Swing von drei oder vier Prozent nicht mehr schafft.
Doch Vorsicht: Noch ist nichts entschieden. 40 Prozent der Wähler, die ihr Kreuz machen wollen, wissen noch nicht, bei wem. Schon 2008 gab’s für die CSU ein böses Erwachen. Hatte in den Umfragen zuvor noch alles nach der Alleinherrschaft ausgesehen und kein Alarmlicht geleuchtet, schickten die Wähler die Schwarzen in letzter Minute nach einem halben Jahrhundert in eine Koalition.
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Variante 2: Schwarz-Gelb
Diesmal soll’s eine echte Liebes-Hochzeit werden: zwischen CSU-Horst Seehofer und FDP-Chefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Auch wenn die ersten fünf Probejahre für viel Kabale mit Sturm und Drang und einem sprachlosen Sommer sorgten. Seehofer säuselt, sein Ziel sei die Fortsetzung der schwarz-gelben Koalition. Aber nur, weil er genau weiß, dass die Bayern keine Alleinherrschaft der CSU mehr mögen.
Da darf er nicht laut sagen, dass die sein einziges und alleiniges Ziel ist. Dafür machen die Liberalen ihren Partner runter, ziehen mit Filz und Machtmissbrauch gegen die CSU in den Wahlkampf. Das soll sie vor dem Untergang retten und über die Fünf-Prozent-Hürde hebeln. Nach dem Motto: Bitte stellt uns an Seehofers Seite, damit wir ihm auf die Finger klopfen. Aber nach den Umfragen wollen nur 25 Prozent Schwarz-Gelb wieder.
Variante 3: Schwarz-Orange
Schafft’s die FDP nicht mehr, muss Seehofer mit den Freien Wählern anbandeln. Das wird eine Zwangs-Ehe: Horst und Hubert. Parteichef Aiwanger pokert. Er will sich nicht festlegen, um den Preis hochzutreiben. Da müsste die CSU schon viel Schmerzensgeld als Mitgift einbringen. Jahrelang haben ihn die Christsozialen als Trottel behandelt. Das sitzt bei Aiwanger ganz tief.
Vor allem die Rufe aus der CSU bei seiner ersten Landtagsrede: „Rede doch Deutsch.“ Und Florian Streibl, der parlamentarische Geschäftsführer der Freien Wähler, wird auch noch ein Wörtchen mitreden. Seinen Vater Max Streibl hatte die CSU einst als Ministerpräsident davon gejagt und ihn danach wie einen Aussätzigen gemieden. Zur AZ sagte er einmal: „Meine Mutter würde mich enterben, wenn ich in die CSU eintreten würde.“
Variante 4: Schwarz-Rot
Strategie geht bei Seehofer über alles. Da wäre auch eine Zweck-Ehe mit der SPD drin: Horst und Markus. Münchens Bürgerking Christian Ude ist dann nicht mehr dabei. Der will nur alles oder nichts. Er würde dann das Feld räumen für SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher. Eine große Koalition, für die wären nach dem Bayerntrend 43 Prozent der Wähler.
Auch eine Woche später, bei der Bundestagswahl, wünschen sich die Bürger Schwarz-Rot zurück. Damit könnte Seehofer die Freien Wähler wieder verstoßen. Schon 2008 standen sie für eine Hochzeit bereit. Doch der CSU-Chef fürchtete, sie könnten sich dann in der Landespolitik einnisten und verwurzeln. Die FDP könne er da schneller wieder loswerden, war damals Seehofers Strategie – die nun aufzugehen scheint. Die SPD ließe sich nach 56 Jahren Opposition leicht um den Finger wickeln und wäre für ihn billig zu haben – mit der Aussicht auf eine CSU-Alleinherrschaft bei der Landtagswahl 2018.
Variante 5: Schwarz-Grün
Es gab schon einmal Eifersuchtsszenen. Auf seiner Moskau-Reise 2011 versuchte Seehofer, im Restaurant „Weiße Sonne der Wüste“ mit der rot gelockten Grünen Margarete Bause anzubandeln. Denn daheim drohten da gerade die Bürger, die schwarz-gelbe Koalition in die Wüste zu schicken. Abgeneigt wäre Seehofer so einer Affäre nicht. Die Hürden bestehen hier eher bei Grün als bei Schwarz.
Bause weiß, dass auf Seehofer kein Verlass ist und hat gleich einen politischen Keuschheitsgürtel umgelegt: Auf ihrem Parteitag in Würzburg beschlossen die Grünen, dass sie sich mit der CSU nach der Landtagswahl auf keinen Fall verbandeln werden.
Variante 6: Rot-Grün-Orange
Das Dreierbündnis könnte die CSU nach 56 Jahren auf die Oppositionsbank schicken – und Münchens roter Bürgerking Christian Ude über ganz Bayern regieren. Vorausgesetzt, die FDP fällt aus. Und die Aufholjagd gelingt, so dass SPD, Grüne und Freie Wähler gemeinsam die CSU am 15. September rechnerisch übertrumpfen.
Wie das gehen könnte, haben die Grünen schon mal ausgerechnet: Rund 160000 Stimmen beträgt nach den Umfragen der Abstand der Opposition zur CSU. Das sind auf den einzelnen Stimmkreis übertragen 600 zusätzliche Stimmen, die jedes Mitglied des Dreierbündnisses holen müsste. Voraussetzung für dieses Exempel aber ist, dass 60 Prozent der Wähler auch zur Urne gehen.
Wenn’s funktioniert, will Ministerpräsident Horst Seehofer Oppositionsführer in Bayern werden. „Ich meine das ernst“, hat er einen Tag nach der donnernden Niederlage beim Bürgerentscheid über die dritte Startbahn am Franz-Josef-Strauss-Flughafen gesagt. „Er kann mich ja mal fragen, wie das dann läuft nach so einer Wahl“, bot ihm sein Vorgänger Günther Beckstein an. Er musste nach dem desaströsen Wahlergebnis 2008 seinen Hut nehmen.
Variante 7: Rot-Grün-Orange-Gelb
Alle gemeinsam gegen die CSU: Die Vielfach-Ehe zwischen Christian Ude, Margarete Bause, Hubert Aiwanger und Sabine Leutheusser-Schnarrenberger wäre zwar rechnerisch theoretisch möglich, aber politisch ausgesprochen unrealistisch. Jeder der Partner bekäme vom Kuchenstück nur ein Viertel ab. Und das Schlimmste: Sie müssten sich auch immer einig werden – gleich vier Partner mit eigenen Wünschen.