Landtagswahl in Bayern: Zwei Verlierer, zwei Gewinner und die CSU dazwischen

Der bayerische Wahlabend hat die erwarteten Enttäuschungen und Dämpfer gebracht. Zwischen der CSU und den Freien Wählern knistert es.
Ralf Müller |
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Nach der Landtagswahl gehören dem Maximilianeum in der neuen Legislaturperiode zwei Abgeordnete weniger an. Mit 203 Mandatsträgern sind es aber weiterhin deutlich mehr als die 180 in der Verfassung vorgesehenen Sitze. Verantwortlich für den Aufwuchs sind die Überhangs- und Ausgleichsmandate.
Nach der Landtagswahl gehören dem Maximilianeum in der neuen Legislaturperiode zwei Abgeordnete weniger an. Mit 203 Mandatsträgern sind es aber weiterhin deutlich mehr als die 180 in der Verfassung vorgesehenen Sitze. Verantwortlich für den Aufwuchs sind die Überhangs- und Ausgleichsmandate. © Michael Kappeler/dpa

München - Die FDP im bayerischen Landtag hatte am Wahlabend in ihrem Saal zwar als einzige eine Cocktailbar aufgebaut, doch die Laune war trotzdem im Keller: Für die nächsten fünf Jahre müssen sich die Liberalen aus dem Landtag verabschieden. Liberale und Sozialdemokraten gehörten zu den Verlierern der Bayern-Wahl, AfD und Freie Wähler zu den Siegern.

Markus Söder: "Bayern hat Stabilität gewählt"

Und bei der CSU? "Das Ergebnis ist okay", sagte ein Abgeordneter. Die Zustimmung zur regierenden CSU lag zu diesem Zeitpunkt leicht unter der Marke von 2018. Markus Söder tat auch so, als sei es für ihn okay. Es sei ihm nie um einen "Schönheitspreis" gegangen, so der CSU-Chef, der im Wahlkampf nie eine Zielmarke angegeben hatte.

Im Konferenzsaal des Landtags, in dem die CSU für den Wahlabend ihre Party abhielt, wurde bei der ersten Hochrechnung das Minus für Grüne und SPD beklatscht, mit besonderer Intensität jedoch das Scheitern der FDP an der Fünf-Prozent-Hürde.

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Manche verstanden die Unfreundlichkeit gegenüber den Liberalen nicht so recht. "Kann doch sein, dass wir sie noch brauchen in Berlin", sagt einer. Doch so weit dachten die CSU-Gäste an diesem Abend nicht. Die Koalition mit den Freien Wählern könne stabil fortgesetzt werden, hieß es. Das sei die Hauptsache. "Bayern hat Stabilität gewählt", stellte Söder unter dem Jubel seiner Anhänger fest.

Hubert Aiwanger spricht von einem "Traumergebnis" für die Freien Wähler

Der Ärger über den Freie Wähler-Vorsitzenden Hubert Aiwanger war bei der CSU aber nach wie vor spürbar. "Wir müssen die Unterschiede aufzeigen", sagte der Günzburger Landrat und frühere Verkehrsminister Hans Reichhart (CSU). So habe sich Aiwanger als Wirtschaftsminister "mit ganz viel befasst, aber ganz wenig mit der Wirtschaft.
  
Im Freie Wähler-Quartier wurde Aiwanger als Sieger empfangen, obwohl sich einige nach den Umfragen noch etwas mehr erwartet hatten als die zu diesem Zeitpunkt veranschlagten 14,1 Prozent. Gestärkte Freie Wähler und leicht geschwächte CSU könnten die Aiwanger-Partei in den jetzt anstehenden Koalitionsverhandlungen aber zu mehr inhaltlichen und personellen Forderungen beflügeln. In der Stunde des Triumphs vermied es Aiwanger, seine Forderung nach zusätzlichen Ressorts nach diesem "Traumergebnis" zu erneuern.

AfD bleibt weitgehend unter sich

"Wir haben uns in der Regierung gestärkt. Wir haben Themen gesetzt, die die Leute überzeugen", sagte Aiwanger. Freie Wähler-Fraktionschef Florian Streibl wurde auf Anfrage etwas deutlicher: Wenn sich das Ergebnis im Laufe der Auszählungen noch etwas verbessere, dann komme ein weiteres Ressort "auf jeden Fall in Reichweite".
 
Während sich die Mitglieder der anderen Fraktionen im Laufe des Abends gegenseitig zu Gratulations- oder Kondolenzbekundungen besuchten, blieb die AfD weitgehend für sich. Was der Laune keinen Abbruch tat, konnte man doch am frühen Abend noch hoffen, stärkste Oppositionskraft zu werden. Auf jeden Fall fuhr die AfD mit fast sechs Prozent die größten Gewinne aller Parteien ein. Die Flugblatt-Affäre um den Freie-Wähler-Chef "hat uns nicht so sehr berührt", so AfD-Spitzenkandidat Martin Böhm. Das stand nur "entfernt im Raum".

Ricarda Lang zum AfD-Ergebnis: "Es muss sich jeder überlegen, was kann ich tun, um das zu stoppen"

Unter den gegebenen Umständen seien die 15,9 Prozent, die zu diesem Zeitpunkt für die Grünen ausgeworfen worden, gar nicht so schlecht, meinte der ehemalige grüne Bundestagsfraktionschef Anton Hofreiter. Immerhin sei es nach 2018 das zweitbeste in der bayerischen Parteigeschichte. Gebangt wurde zu diesem Zeitpunkt noch, ob die Grünen ihre Position als stärkste Oppositionskraft würden halten können.

Es wäre ein zeichne von "Größe und Anstand" von Ministerpräsident Söder, jetzt mit allen anderen demokratischen Fraktionen Gespräche zu starten, meinte die Grünen-Bundeschefin Ricarda Lang. Statt sich gegenseitig Schuld zuzuweisen, müsse sich jetzt "jeder überlegen, was kann ich tun, um das zu stoppen", sagte Lang mit Blick auf die Zugewinn der AfD.

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SPD fällt weiter: Solidarität mit dem Verlierer

Es hat Tradition in der bayerischen Sozialdemokratie, dass Verlierern große Solidarität entgegen gebracht wird. So wurde auch SPD-Spitzenkandidat Florian von Brunn in seiner Fraktion wie ein Sieger empfangen, obwohl der bayerische Wähler das Ergebnis für ihn noch einmal auf 8,5 Prozent nach unten korrigiert haben.

"Manchmal gerät man unter die Räder, wenn an den Rändern kräftig zugelangt wird", sagte Ex-SPD-Fraktionschef Franz Maget, der zu seiner Zeit schon enttäuschende SPD-Ergebnisse knapp unterhalb der 20-Prozent-Marke zu vertreten hatte.

FDP: Martin Hagen deutet persönliche Konsequenzen an

Die Beleuchtung war zwar gelb bei den Liberalen, aber der Abend "schwarz", räumte FDP-Landesparteichef und Spitzenkandidat Martin Hagen unumwunden ein, dessen Partei nach Lage der Dinge die Fünf-Prozent-Hürde weit verfehlt hat. In einem Interview deutete Hagen auch persönliche Konsequenzen an.

Jedenfalls übernehme er die volle Verantwortung für das Desaster. In dem polarisierten Bayern-Wahlkampf sei man nicht durchgedrungen. Jetzt müsse man sich auf die Europawahl 2024, die Bundestagswahl 2025 und die Kommunalwahl 2028 vorbereiten und sich dazu überlegen, was man "besser machen" könne. Hagen hatte dabei auch die Bundesebene im Auge.
 

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  • Kohlestrom Kolumbien am 09.10.2023 18:11 Uhr / Bewertung:

    Für BTW 2025 muss die AZ ganz tapfer sein, wenn die bürgerliche Koalition übernimmt und auch in München zur Kommunalwahl wird es kein links Grünes bürgerfeindliches Bündnis mehr geben.

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